Stuttgart. Der EnBW-Untersuchungsausschuss hat sich Ende Dezember konstituiert und nimmt am kommenden Freitag seine Arbeit auf. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Ulrich Müller (CDU) nimmt Stellung zu den Schwierigkeiten und Besonderheiten, mit denen der Ausschuss zu kämpfen hat. Den ersten Teil des Interviews lesen Sie an diesem Freitag, 27. Januar, in der Print-Ausgabe des Staatsanzeigers.
Staatsanzeiger: Auch die CDU ist in die Kritik geraten, weil sie bei der Klausurtagung in Heidenheim Gespräche mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus geführt hat. War dieser Weg glücklich?
Ulrich Müller: Ich habe dazu das Nötige schon gesagt. Es behauptet niemand, dass das rechtlich nicht in Ordnung gewesen wäre.
Das bestreitet niemand. Die Frage ist jedoch, ob der Weg glücklich gewählt war. Schließlich soll Stefan Mappus ja vor dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen.
Sie müssen sich mal vorstellen, wie die Lage ist. Wir – sprich die Opposition – verfügen bis zur Stunde über Null Unterlagen. Uns wurden zwar für den 26. Januar Unterlagen angekündigt, aber wir haben noch nichts. In der Zwischenzeit gibt es unterschiedliche Aussagen, die offensichtlich die Meinung im Vorfeld ein wenig beeinflussen sollen.
Wie etwa die Veröffentlichungen im Spiegel?
Diese auch. Aber es begann schon früher. Da gab es die These, es gebe überhaupt keine Akten. Dann kam die These, es hätte keine Unternehmensbewertung gegeben. Dann hieß es jetzt in Medienberichten, man könne den staatlichen Akten nicht entnehmen, wie es zur Entscheidung über das Notbewilligungsrecht gekommen sei. Da frage ich mich doch, woher haben Medien wie der Spiegel diese Informationen. Die kann er nach allen Regeln der Logik doch nur von jemandem haben, der über die staatlichen Akten verfügt. Wir haben sie nicht. Man kann sich auch fragen, wer Interesse daran hat, bestimmte Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Es ist sogar die These aufgestellt worden, dass Morgen Stanley das Thema Geschäftsgeheimnisse auf Anregung des früheren Ministerpräsidenten zum Thema gemacht habe. Das halte ich schon für sehr kühn. Aber jetzt wird da eben Meinung gemacht.
Welchem Zweck diente das Treffen mit Herrn Mappus?
Wir haben ein Informationsdefizit. Ich stelle fest, die einen verfügen über Wissen und inszenieren damit auch ganz bestimmte Aussagen. Und vor dem Hintergrund ist es sicher nachvollziehbar, dass es einen solchen – wie gesagt rechtlich unproblematischen – Kontakt mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Mappus gegeben hat. Es ist völlig klar, dass es keinerlei Absprache geben konnte, denn wir haben – wie gesagt – bislang kein Blatt von den Akten erhalten. Von den Akten, die es, wie die Regierung sagt, angeblich gar nicht gibt, für die sie aber fünf Wochen benötigt, um sie uns zur Verfügung zu stellen.
Geht das jetzt nur Ihnen so, dass Sie keine Akten haben, oder trifft das auch auf die Koalitionsfraktionen zu?
Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen gleichmäßig behandelt werden und wir alle noch nichts haben. Ich habe daran keinen Zweifel.
Über was wird der Ausschuss dann bei seiner Sitzung am 3. Februar beraten?
Wir werden versuchen, wenn wir die Akten erhalten, uns innerhalb von einer Woche einen groben Überblick zu verschaffen. Am dritten Februar werden dann Beweisbeschlüsse gefasst, aufgrund derer wir Zeugen einladen werden.
Wen werden Sie im Untersuchungsausschuss anhören?
So wahnsinnig viel Beteiligte sind es nicht. Vermutlich werden alle Beteiligten mal als Zeugen antreten. Aber wer wann und mit welcher Fragestellung vernommen wird, das bestimmen die Fraktionen. Ich bin Moderator. Ich schaue nach einem korrekten Verfahren, ich gucke nach einem transparenten Verfahren. Ich hätte übrigens auch ein Interesse daran, dass das Verfahren einigermaßen zügig über die Bühne geht und nicht zu einer Never-Ending-Story wird mit der Folge, dass es immer wieder neue Vermutungen zu untersuchen gibt. Und es sollte uns schließlich allen daran gelegen sein, dass die EnBW keinen Schaden nimmt.
Sie waren im Laufe Ihrer Parlamentstätigkeit mit fünf Untersuchungsausschüssen befasst. Wodurch unterscheidet sich dieser Ausschuss strukturell von den anderen?
Da würde ich zwei schon jetzt erkennbare Besonderheiten nennen: Erstens hat sich das zu untersuchende Geschehen – also der EnBW-Aktienkauf – in der damaligen Regierung unter großer Geheimhaltung vollzogen. Deswegen gibt es nicht nur relativ wenige Zeugen und relativ wenige Regierungsakten, umso wichtiger werden die Experten und deren sehr viel umfangreichere Akten sein, derer sich die damalige Regierung bedient hat, statt wie sonst üblich der eigenen Verwaltung. Zweitens liegt zwischen dem entscheidenden Zeitraum und der Zeit, in der der Ausschuss tagt, bekanntlich ein Regierungswechsel. Die Folge ist unter anderem, dass die heutige Regierung über sämtliche Informationen verfügt, die heutige Opposition also ein ganz natürliches Interesse an Transparenz, Offenheit und Öffentlichkeit hat, denn nur so besteht – wenn ich es so nennen darf – „Waffengleichheit“ auf dem Feld der Information und der Interpretation. Weil aber auch die Regierungsfraktionen von ihrem Selbstverständnis her auf Transparenz angelegt sein müssten und die an dem Geschäft beteiligten Unternehmen gleichfalls kein Interesse an Geheimniskrämerei haben können, die nur zu Vermutungen und Verdächtigungen führen würde, glaube ich, dass wir uns auf ein Höchstmaß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit verständigen können. In diesem Sinne sollte der Ausschuss, der auf Wunsch der vier Fraktionen vor allem untersuchen soll, was warum wie geschehen ist, seine Aufklärungsarbeit mit möglichst wenig Nebengeräuschen bald aufnehmen.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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