Stuttgart. Im Bundesgesundheitsministerium wurde ein Positionspapier zum Versorgungsgesetz gegen den Ärztemangel konzipiert, mit den Ländern einigte man sich über die Eckpunkte. Bis sich nun die Fraktion äußerte. Nun drohen einige Länder das Gesetz im Bundesrat zu kippen.
Es geht um Nachwuchsprobleme bei der ambulanten ärztlichen Versorgung auf dem Land, gerade im Haus-, aber auch Facharztbereich. Junge Mediziner gehen in Städte und Ballungsgebiete. In Bundesländern wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern fehlen bereits Landärzte. In Baden-Württemberg sei man noch gut versorgt, so die scheidende Gesundheitsministerin Monika Stolz (CDU). Es gebe kleinere Allokationsprobleme, das heißt, dass sich Ärzte auf gewisse Räume konzentrierten. Dennoch droht die Unterversorgung auf dem Land: In den kommenden zehn Jahren scheiden viele ältere Ärzte aus, wenig junge folgen nach. Ein Viertel der Ärzte im Land ist über 60 Jahre alt. 64 Prozent der Hausärzte, 57 Prozent der Fachärzte sind 50 Jahre und älter.
Vereinzelt zeichneten sich in dünn besiedelten ländlichen Regionen im Hochschwarzwald, in Ostwürttemberg oder auf der Schwäbischen Alb bereits Versorgungsprobleme ab, so Manfred Stehle, Sprecher des Städtetags Baden-Württemberg. Wohnortnahe Arztversorgung sei ein Standortfaktor, Kommunen leisteten ihren Beitrag mit familiennaher Infrastruktur wie Schulen oder Betreuung. „Sonst zieht kein Arzt hin.“ Aber: „Für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig. Die Politik muss Rahmenbedingungen setzen“, sagt er. Das Land habe mit dem Aktionsprogramm Landärzte gute Vorarbeit geleistet. Nun müssten Bund und Länder die vereinbarten Eckpunkte zügig umsetzen.
Die Länder wollen bei der Ärzteversorgung mitreden. Sie fordern klare Befugnisse in den Landesausschüssen und ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht in Fragen der Bedarfsplanung im Gemeinsamen Bundesausschuss. Ohne diese Befugnisse wollen einige Länder das Gesetz im Bundesrat scheitern lassen.
Im ihrem Aktionsprogramm fordert auch die Landesregierung Mitsprache. Die veraltete Bedarfsplanung — bisher allein von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) besorgt — müsse reformiert, flexibilisiert, kleinräumiger und sektionsübergreifender zwischen ambulant und stationär gestaltet werden. „Das Land weiß besser, was vor Ort nötig ist“, heißt es im Sozialministerium. Betont wird, dass Eckpunkte des Landes im Positionspapier des Bundesgesundheitsministeriums eingeflossen seien und man nun erst einmal den Gesetzentwurf abwarten wolle.
Nein. Beide wollen Nachwuchsförderung. So plant Rösler die Auswahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstudium zu überprüfen. Das Gewicht der Abiturnote soll vermindert werden, dafür sollen Kriterien wie Berufsausbildung, freiwilliges soziales Jahr oder Tests für medizinische Studiengänge stärker berücksichtigt werden. Er will eine Quote für jene, die sich freiwillig verpflichten, künftig als Landärzte zu arbeiten. Eine „Vorabquote für den besonderen öffentlichen Bedarf“ ist auch in einem Positionspapier des Landes aufgeführt, zudem ein Stipendium der Kassenärztlichen Vereinigung für angehende Landärzten. Außerdem plädiert das Land dafür, mehr Lehrstühle für Allgemeinmedizin einzurichten, beim Bundesgesundheitsministerium wäre man bereit, sich befristet an den Kosten der Studienplätze, die die Länder schaffen, zu beteiligen.
Das Land will eine bereits bestehende Möglichkeit der KVen erweitern: Diese können finanziell fördern, wenn Ärzte in überversorgten Gebieten freiwillig auf die vertragsärztliche Zulassung verzichten, indem sie deren Arztpraxis aufkaufen. Bisher war diese Förderung auf Ärzte, die mindestens 62 Jahre alt sind, beschränkt. Das soll aufgehoben werden. Im Positionspapier des Bundesgesundheitsministeriums wird von einem Vorkaufsrecht der KVen gesprochen, wenn Vertragsarztsitze zur Nachbesetzung ausgeschrieben sind.
Der Ärztemangel auf dem Land hat nicht allein demografische Gründe. So wiegt außerdem schwer, dass die Studierenden bloß wenig am Fach Allgemeinmedizin interessiert seien und es, so heißt es beim Land, „Unzulänglichkeiten in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin“ gebe. Positiv sei zwar, dass ein Großteil des ärztlichen Nachwuchses weiblich sei — mittlerweile machen 60 Prozent der Medizin Studierenden Frauen aus. Hier stellt sich freilich die Frage nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Doch die Versorgungsstrukturen auf dem Land seien, so heißt es, noch nicht ausreichend angepasst.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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