Parteiausschlussverfahren für Mappus wäre „absurd“

28.06.2012 
Redaktion
 
Foto: Archiv

Foto: Archiv

Stuttgart. Nach dem Tadel des Rechnungshofs für Stefan Mappus wegen seines Gebarens beim EnBW-Deal gehen in der CDU immer mehr Politiker auf Distanz zum früheren Regierungschef.

Auch seine langjährige Vertraute Tanja Gönner rückte von ihm ab und zeigte sich fassungslos über den brisanten E-Mail-Verkehr zwischen Mappus und dem Investmentbanker Dirk Notheis zu dem Aktiengeschäft.

Der Landeschef des CDU-Sozialflügels, Christian Bäumler, und der Parteivize Thorsten Frei forderten Mappus auf, die Partei zu entlasten und seine Fehler einzugestehen. In der Fraktion gibt es Ärger über die Frage, inwieweit sich die CDU von Mappus lossagen soll.  „Fassungslosigkeit, schlicht und ergreifend Fassungslosigkeit“ habe sie nach der Lektüre des E-Mails empfunden, sagte Gönner der „Südwest Presse“ (Mittwoch).

Kaufpreis wurde nicht richtig ermittel

Der Morgan-Stanley-Banker Notheis soll in den Mails das Vorgehen seines Freundes Mappus gesteuert und den Kaufpreis von 4,7 Milliarden Euro nicht richtig ermittelt haben. „Der Ankauf der EnBW-Anteile war zum damaligen Zeitpunkt ein richtiges Geschäft“, betonte Gönner. „Aber was den Umgang anging, wie beispielsweise die ungeheuerliche Flapsigkeit des Tons in diesen Mails, das geht nicht.“ Gönner nimmt Anfang Juli ihre Arbeit als Chefin bei der bundeseigenen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit auf. Ihr Landtagsmandat gibt sie auf.

Das CDU-Vorstandsmitglied Bäumler erklärte, die Landes-CDU wolle bei ihrem Parteitag am 21. Juli mit einem Bekenntnis zu einer an christlichen Werten orientierten Politik den Neuanfang schaffen. „Ich denke, dass dieser Neuanfang leichter wäre, wenn Stefan Mappus dazu stehen würde, beim Kauf der EnBW Anteile Fehler gemacht zu haben“, sagte der CDA-Landeschef der dpa. Ein solches Eingeständnis könne man von einem CDU-Mitglied im Interesse der Union auch erwarten. Der Bruch der Verfassung und der Haushaltsordnung sei falsch gewesen. Die Betreuung des Kaufs durch Notheis sei „politisch instinktlos“ gewesen.

„In der Politik ist es immer richtig, wenn man zu seinen Fehlern steht.“

Frei sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag): „In der Politik ist es immer richtig, wenn man zu seinen Fehlern steht. Wenn er ein weiteres Mal zum Thema spricht, dann sollte er die angemessenen Worte finden.“ In der Sitzung der CDU-Fraktion sorgte am Dienstag der Satz eines führenden Abgeordneten für Empörung. Der Parlamentarier hatte der dpa gesagt: „Warum sagt man nicht einfach: Der EnBW-Deal war scheiße.“ Aus dieser Glaubwürdigkeits-Sackgasse komme die CDU sowieso nur noch mit Demut heraus. Fraktionschef Peter Hauk appellierte daraufhin an die eigenen Reihen, mehr Geschlossenheit zu zeigen, wofür er großen Applaus erntete, wie mehrere Abgeordnete berichteten. Hauk erklärte demnach aber auch, die Union komme nur aus dem Tal, wenn sie aus den Fehlern der Mappus-Zeit lerne.

In der Fraktion sorgte es für Unmut, dass ein führender Fraktionär der dpa gesagt hatte, Hauk habe eine „flammende Rede“ gehalten und für seine Distanzierung von Mappus fast einhellige Zustimmung erhalten. Der Abgeordnete hatte berichtet, nur CDU-Vizeparteichef Winfried Mack und die Abgeordneten Volker Schebesta und Claus Paal hätten nicht geklatscht. Schebesta und Paal sind Mitglieder des EnBW-Untersuchungsausschusses. Hauk hatte bereits Ende vergangener Woche gesagt: „Stefan Mappus ist Vergangenheit.“

Bilger: „Dieser Stil muss klar verurteilt werden“

Mit Spannung wird nun erwartet, ob Hauk an diesem Donnerstag in einer von der FDP beantragten Debatte zur Strategie des Landes bei der EnBW im Landtag für Mappus Fehler einräumt. Der CDU-Bezirksvorsitzende von Nordwürttemberg, Steffen Bilger, sagte der „FAZ“: „Wir müssen deutlich machen, dass die Regierungszeit von Herrn Mappus nur eine kurze Phase war. Dieser Stil muss klar verurteilt werden.“

Der Rechnungshof hatte das Vorgehen der früheren Landesregierung unter Mappus beim Abschluss des EnBW-Deals scharf gerügt. Das Verfahren habe „in wesentlichen Teilen nicht den Anforderungen genügt, die aus der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung folgen“, monieren die Prüfer.    

Strobel will keine pauschalen Urteile fällen

Mappus hatte EnBW-Chef Peter Villis mit dem umstrittenen Rückkauf der Anteile am Karlsruher Energiekonzern überrumpelt. Vom Deal habe er erst in der Nacht auf den 6. Dezember erfahren, sagte Villis am Mittwoch in Pforzheim beim CDU-Wirtschaftsrat. Wie die „Pforzheimer Zeitung“ (Donnerstag) weiter berichtet, habe Mappus bei Villis um 0.01 Uhr angerufen und ihm mitgeteilt, dass das Land 45 Prozent der Anteile vom französischen Energieversorger EDF zurückkaufen werde. Er sei „sehr überrascht“ gewesen, sagte Villis laut Zeitung. „Normal wäre, dass der Vorstandsvorsitzende vorher Kenntnis bekommt.“

Parteichef Thomas Strobl plädierte dafür, keine pauschalen Urteile über den EnBW-Deal zu fällen. „Nicht alles war gut bei Stefan Mappus, aber es war auch nicht alles schlecht“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“. Es könne sich noch als ein Segen erweisen, dass Baden-Württemberg Eigentümer der EnBW ist. „Wahr ist aber auch: die Nichtbeteiligung und Umgehung des Parlaments war ein schwerer Fehler, der zu Folgefehlern geführt hat.“ Die Forderung nach einem Parteiausschluss sei jedoch absurd. „Wir haben auch keine entsprechenden rechtskräftigen Anträge vorliegen“, sagte Strobl auf die Frage ob es bereits CDU-Mitglieder gebe, die ein Parteiausschlussverfahren gegen Mappus forderten.


Kontakt

Ihre Ansprechpartnerin in der Redaktion

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Unser Team

Ihr Kontakt zu unseren Redakteurinnen und Redakteuren

Zum Team

Praktikums-Tagebuch

Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger. 

Zum aktuellen Tagebuch

Der Kommunal-Newsletter

Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den 
Kommunal-Newsletter.

Newsletter abonnieren