ZEW-Ökonom Heinemann: Bundesverfassungsrichter könnten Wertpapierkäufe der EZB einschränken

29.07.2019 
Redaktion
 

Die Europäische Zentralbank. Foto: dpa/ Arne Dedert

Mannheim. Um die Eurozone zu stabilisieren und die Konjunktur in den Mitgliedstaaten mithilfe niedriger Zinsen zu stärken, hat die EZB seit März 2015 regelmäßig Anleihen an den Kapitalmärkten aufgekauft, anfangs ausschließlich Staatsanleihen der Euroländer, seit geraumer Zeit verstärkt Unternehmensanleihen.

Ende 2018 hatte die EZB ihr 2,5 Billionen Euro schweres Anleihekaufprogramm PSPP („Public Sector Purchase Programme“) zwar eingestellt. Doch eine Wiederaufnahme hat EZB-Chef Mario Draghi erst kürzlich nicht ausgeschlossen. Einer der Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht ist der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler. Er kritisiert, dass Deutschland mit den Anleihekäufen unkontrollierbare Haftungsrisiken für den Bundeshaushalt übernehme, ohne noch ausreichend Mitsprache dabei zu haben. Denn Verluste könnte die EZB auf die nationalen Zentralbanken abwälzen und Deutschland ist über die Bundesbank mit rund 26 Prozent größter EZB-Anteilseigner.

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich bereits 2017 mit Verfassungsbeschwerden gegen diese Praxis der EZB befasst, dann aber dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nachdem der EuGH diese Fragen in seinem Urteil im Dezember 2018 zu Gunsten der EZB entschieden hatte, setzt das Bundesverfassungsgericht sein Verfahren nun fort.

BEREITS 2017 HABEN VeRFASSUNGSRICHTER ANKAUFPROGRAMM KRITISCH BEURTEILT

Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, rechnet dabei mit Überraschungen oder gar „einem Paukenschlag“. Im Juli 2017 habe das Gericht eine äußerst kritische Sichtweise zur Ausgestaltung des Ankaufsprogramms und seiner Rechtfertigung durch die EZB erkennen lassen, so Heinemann. Die Karlsruher Richter würden erhebliche Risiken durch eine Verletzung des Verbots der monetären Staatsfinanzierung sehen sowie eine Überschreitung des geldpolitischen Mandats der Zentralbank, berichtet Heinemann.

„Im Vergleich zum Vorlagebeschluss aus Karlsruhe sind die Richter des EuGH mit ihrem positivem Votum zu Gunsten der EZB in ihren Argumenten weitgehend an der Oberfläche geblieben und haben sich die EZB-Sicht erstaunlich unkritisch zu eigen gemacht“, sagt der ZEW-Ökonom. Er rechnet mit deutlich mehr Detailarbeit und Einspruch der Karlsruher Richter. „Wahrscheinlich ist, dass das Bundesverfassungsgericht den Wertpapierkäufen engere Grenzen zieht, die zumindest die Deutsche Bundesbank bei ihrer Beteiligung beachten muss“, so Heinemann.

Es sei somit denkbar, dass manche Ideen im EZB-Tower zur Neuauflage und Ausweitung der Wertpapierkäufe korrigiert werden müssten, wenn das Urteil aus Karlsruhe vorliege. „Einmal mehr wird der Spruch des Bundesverfassungsgerichts auch an den internationalen Anleihemärkten für erhebliche Aufmerksamkeit sorgen“, so Heinemann.


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