Stuttgart/Freiburg. Baden-Württemberg will alle gefährlichen Straftäter in Sicherungsverwahrung an einem zentralen Standort unterbringen. „Wir haben Freiburg im Blick“, sagte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD). Am Standort nahe der Justizvollzugsanstalt Freiburg sei räumlich und organisatorisch vieles auf den Weg gebracht worden, um die neuen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen.
„Wir sind schon dabei, das Konzept umzusetzen“, sagte Stickelberger. Dies sei keine Idee von Grün-Rot, sondern schon unter der Vorgängerregierung in der Fachabteilung des Ministeriums entwickelt worden. Für Freiburg spreche, dass mit 50 Straftätern bereits ein Großteil der Sicherungsverwahrten dort untergebracht seien. Mit Protesten vor Ort rechnet Stickelberger nicht: „In Freiburg gehen die Menschen rational mit diesem Thema um.“
Noch keine Lösung gebe es für etwa eine Hand voll Straftäter, die aus rechtlichen Gründen aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden, psychisch gestört sein könnten und weiterhin als gefährlich gelten. Dieses Problem müsse das Sozialministerium lösen. Nach dem Therapieunterbringungsgesetz können die Betroffenen in besonderen Einrichtungen eingesperrt werden. Das Gesetz fordert eine strikte „räumliche und organisatorische Trennung“ der Therapie vom Strafvollzug.
Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) will zügig nach einem Standort für die Therapieunterbringung suchen: Infrage kämen Standorte in der Nähe von Gefängnissen, an denen nicht neu gebaut werden müsste. Bei maximal einer Hand voll von Fällen sei das nicht gerechtfertigt. Dennoch werde das „nicht ganz billig“, weil die Therapie mit hohem Personaleinsatz verbunden sei, betonte die Ministerin.
Altpeter baut auf Zustimmung am Ort. Sie versprach, die Einrichtung den Menschen nicht „überzustülpen“: „Sie können das nur machen, wenn eine Akzeptanz da ist.“ Vorbehalte in der Bevölkerung könne sie nachvollziehen. Die Stadt Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) hatte sich zuletzt gegen die vom Sozialministerium geplante Unterbringung solcher Gewalttäter in der früheren Jugendarrestanstalt gewehrt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte vor einem Monat eine Reform der Sicherungsverwahrung in Deutschland angemahnt: Die Gesetze verstoßen gegen das Grundrecht auf Freiheit. Die Sicherungsverwahrung muss sich künftig deutlicher von der Strafhaft unterscheiden. Nötig sei eine intensivere therapeutische Betreuung. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die Unterbringung in Deutschland massiv kritisiert.
„Wir müssen die Sicherungsverwahrten nicht nur verwahren“, betonte Stickelberger, „sondern wir müssen sie schon während der noch laufenden Strafhaft auf die Freiheit vorbereiten“ - mit therapeutischer Betreuung, Beratung und Unterstützung. Innerhalb der JVA Freiburg sei ein eigenständiger Gebäudekomplex dafür geeignet. Derzeit werde er allerdings noch für die Untersuchungshaft genutzt. Für Umbau und insbesondere das Personal müsse das Land dennoch „eine siebenstellige Summe“ im Haushalt einplanen. „Das ist ein erheblicher finanzieller und personeller Aufwand.“
Landesweit rechnet der Minister mit einer Zahl von stabil knapp 70 Sicherungsverwahrten. Einige sind derzeit noch in Bruchsal oder auf dem Hohenasperg bei Stuttgart. Eine länderübergreifende Unterbringung - wie von Hessen vorgeschlagen - sieht Stickelberger skeptisch. „Wir neigen dazu: nicht zu groß und dezentral.“ Die Sicherungsverwahrten sollten nicht die Bindung zu ihrem ursprünglichem Wohnort verlieren.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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