Stoch mit hauchdünner Mehrheit zum SPD-Chef gewählt

22.11.2018 
Von: Michael Schwarz
 
Redaktion
 
Foto: dpa/Christoph Schmidt

Sindelfingen. Andreas Stoch heißt der neue SPD-Landesvorsitzende. Nach einem aufreibenden Wahlkampf ohne Sieger hat sich der SPD-Landtagsfraktionschef gegen den Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci durchgesetzt. Stoch erhielt 159, Castellucci 151 Stimmen, vier Delegierte enthielten sich. In Prozenten ausgedrückt lautete das Ergebnis auf dem Landesparteitag am Samstag in Sindelfingen 50,6 zu 48,1. Damit lag Stoch eine Stimme über der notwendigen absoluten Mehrheit.

Ursprünglich hatten Castellucci und die bisherige Landesvorsitzende Leni Breymaier um das Amt konkurriert. Beide hatten sich auf vier Veranstaltungen der Parteibasis vorgestellt. Bei der Mitgliederbefragung, die am Dienstag ausgezählt, hatten beide jedoch die absolute Mehrheit verfehlt. Breymaier landete 39 Stimmen vor Castellucci, zog jedoch nach Bekanntgabe des Ergebnisses am Dienstag ihre Kandidatur. Castellucci behielt seine Kandidatur aufrecht, obwohl es eine Abmachung gab, wonach bei zwei Kandidaten der Verlierer seine Kandidatur zurückzieht. Stoch gab daraufhin am Mittwoch bekannt, gegen Castellucci zu kandidieren.

Eppler äußert Genugtuung über Wahlergebnis

In Sindelfingen waren die Sympathien ziemlich gleichmäßig verteilt, was sich nicht nur im Wahlergebnis zeigte. IG-Metall-Landeschef Roman Zitzelsberger sprach sich ebenso für Stoch aus wie der SPD-Wirtschaftsexperte Peter Hofelich. Der Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold stärkte Castellucci den Rücken, Fraktionskollegin Ute Vogt, die selber von 1999 bis 2009 Landesvorsitzende war, sprach sich für die Wahl von Castellucci aus.

Starke Unterstützung erfuhr der Abgeordnete aus Wiesloch auch von den Jusos; mehrere Jungsozialisten warben für Castellucci. Für Stoch setzte sich Erhard Eppler ein. Seiner Ansicht nach gehören die Ämter des Fraktions- und Parteivorsitzenden in Baden-Württemberg in eine Hand. Der langjährige Partei- und Fraktionschef äußerte nach der Abstimmung im Gespräch mit dem Staatsanzeiger seine Genugtuung über das Ergebnis.

Scharfe Kritik musste sich Castellucci für die Tatsache gefallen lassen, dass er antrat, obwohl er die Mitgliederbefragung verloren hatte. Breymaier erinnerte daran, dass sie Castellucci vorgeschlagen hatte, gemeinsam nach einem Dritten zu schauen, nachdem am Dienstag das Ergebnis der Urwahl feststand. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Gernot Erler warnte davor, dass „Machtkampf, Krise und Chaos“ weitergehen. Aus dem Ergebnis der Mitgliederbefragung könne man „beim besten Willen keinen Führungsanspruch ableiten“, sagte er in Richtung des Abgeordneten aus Nordbaden.

Castellucci begann seine Bewerbungsrede mit den Worten: „Hier sitzen einige im Saal, die finden, hier sollte ich gar nicht stehen.“ Er sei jedoch „in die tiefer Sorge“ um die SPD und könne „nicht tatenlos zusehen, wie sie zerbröselt“. Mit seiner Kandidatur mache er ein Angebot, die SPD in Baden-Württemberg zu retten. „Ich stehe heute vor euch, weil ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren könnte, hier nicht zu stehen.“

Landtagsfraktion stellt Parteispitze

Stoch rechtfertigte seine Kandidatur und deren späten Zeitpunkt damit, dass er mit allen SPD-Vorsitzenden seit 2003 gut zusammengearbeitet habe und nie auf die Idee gekommen wäre, gegen Breymaier zu kandidieren. Er habe auf ein klares Ergebnis bei der Mitgliederbefragung gehofft; diese habe jedoch für „einen Scherbenhaufen“ gesorgt. Die Frage sei nun, „ob wir gemeinsam schaffen, die Kultur des Misstrauens und der Vorwürfe hinter uns zu lassen“ – zugunsten einer „Kultur der Solidarität“. Nur dann würden die Menschen wieder bereit sein, der SPD zu vertrauen.

Stoch steht in Zukunft Sascha Binder zur Seite. Der Innenexperte der SPD ist neuer Generalsekretär seiner Partei. Die Delegierten wählten ihn mit 69,4 Prozent. Binder folgt auf Luisa Boos, die nach zwei Jahren im Amt nicht wieder angetreten war. Damit stehen nun zwei Politiker aus der Landtagsfraktion an der Spitze der Südwest-SPD.


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