Stuttgart. Die Positionen in der Frauenförderung sind auch nach dem Regierungswechsel im Landtag unverändert. Während SPD und Grüne eine gesetzlich festgelegte Frauenquote fordern, um den Anteil von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten von Großunternehmen zu erhöhen, setzen CDU und FDP weiterhin auf Freiwilligkeit.
Zehn Jahre nach der freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft seien nach wie vor bloß drei Prozent Frauen in Spitzenpositionen großer Unternehmen vertreten, erklärte die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfle in der von ihrer Fraktion beantragten aktuellen Debatte unter dem Titel „Zugangswege für Frauen in Spitzenpositionen verbessern“. Es habe sich im vergangenen Jahrzehnt fast nichts getan. „Das ist eine beschämende Bilanz“, betonte Wölfle.
Auch die Bilanz für das Land selbst ist nach Meinung von SPD und Grünen alles andere als positiv. In landeseigenen Unternehmen oder Landesbeteiligungen stellen Frauen bloß sechs Prozent der Leitungen und 15 Prozent der Aufsichtsräte, so Wölfle. In den Aufsichtsgremien der vier Uni-Kliniken im Lande sitzt nach Angaben von Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) nur eine Frau unter 32 Männern. Zudem verdienen Frauen in Baden-Württemberg nach Angaben der Grünen-Abgeordneten Charlotte Schneidewind-Hartnagel im Durchschnitt 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Und je höher die Gehaltsstufe desto größer werde der Unterschied.
Auch in der CDU-Fraktion ist man mit der realen Situation in der Gleichstellung nicht glücklich, auch wenn die Situation im Mittelstand besser beurteilt wird, als bei den Großunternehmen. „Wir CDU-Frauen haben keine Geduld mehr“, sagte die frühere Landwirtschafts-Staatssekretärin und heutigen Fraktionsvize, Friedlinde Gurr-Hirsch. Allerdings geht die Ungeduld nicht so weit, dass sich die CDU-Frauen auf die Seite der Regierungskoalition schlagen wollen. Sie setzen weiter darauf, dass die Unternehmen von sich aus, die Frauenquote erhöhen. „Es kann nicht sein, dass die EU die gesetzliche Initiative ergreift, weil die Wirtschaft nicht reagiert“, erklärte sie. Sie forderte aber auch die Frauen auf, bei der Berufswahl offener zu sein und sich stärker am Bedarf auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren.
In der FDP wird das Thema vor allem wirtschaftspolitisch gesehen. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müsse die Beschäftigungsquote von Frauen erhöht werden, forderte der FDP-Parlamentarier Jochen Haussmann. Allerdings müsse sich die Politik auch um andere Gruppen am Arbeitsmarkt kümmern, die Generation 50 plus, Migranten und gering Qualifizierte. Eine Frauenquote lehnte Haussmann für seine Fraktion ab. „Erklären Sie mal wie das im Mittelstand funktionieren soll“, fragte er die Befürworter.
„Ohne Quote geht es nicht“, entgegnete die Sozialministerin. Sie sei in Großunternehmen sowohl in Aufsichtsrat wie auch Vorstand wichtig und richtig. Und nach Untersuchungen der Unternehmensberatung McKinsey steigert eine höhere Frauenquote in Führungspositionen auch den wirtschaftlichen Erfolg. Der Betriebsgewinn sei bei Unternehmen mit gemischten Leitungsteams um 56 Prozent höher als bei rein männlich geführten Firmen, zitierte Wölfle. Und Gurr-Hirsch pflichtete ihr bei: „Wenn steigende Produktivität kein Argument ist, weiß ich nicht womit man die Unternehmen noch einladen soll.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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