Stuttgart. Gegen die Stimmen von CDU und FDP haben die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD an diesem Mittwoch im Landtag den Staatshaushaltsplan für 2012 verabschiedet. Der erste von der neuen Landesregierung eingebrachte Etat sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 38,85 Milliarden Euro und ist damit der Rekordhaushalt in der 60 Jahre alten Geschichte von Baden-Württemberg.
In der dritten Lesung kam es noch einmal zum Schlagabtausch zwischen der Opposition und den Regierungsparteien. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Klaus Herrmann, warf der Landesregierung „unseriöse Finanzpolitik“ vor. Der Haushalt sei das Gegenteil von Nachhaltigkeit und würde künftige Generationen massiv belasten, sagte der CDU-Politiker. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) unterstellte der Opposition „blanken Neid“: Grün-Rot lege zum zweiten Mal - nach 2011 - einen Haushalt ohne Schulden vor; „etwas, das CDU und FDP im Bund nicht geschafft haben“.
Schmid hob hervor, die Landesregierung setze Schwerpunkte in der Kleinkindbetreuung und im Bildungsbereich mit der Einführung von Gemeinschaftsschulen und der Verbesserung der Schulsozialarbeit. Auch Polizei und Steuerverwaltung würden gestärkt. Grün-Rot werde die Energiewende umsetzen, Natur- und Verbraucherschutz sowie Wohnraumförderung verbessern und den Ländlichen Raum mehr fördern. Sparopfer bringen im Haushalt die Beamten (130 Millionen Euro), deren Besoldunserhöhung verschoben wird, und die Ministerien (250 Millionen Euro). Mehr Geld gibt es für die Kommunen und indirekt für Studenten durch die Abschaffung der Studiengebühren.
Schmid kündigte an, dass die Landesregierung die ständig steigenden Personalkosten im Blick behalten und „durchleuchten“ werde. Außerdem werde Grün-Rot das Thema Länderfinanzausgleich angehen, denn „dieser setzt falsche Anreize“.
Die Grünen-Politikerin Muhterem Aras sagte, der Haushalt sei ein positiver Markstein in der Geschichte des Landes. Sie verwies darauf, dass es „keine Schattenhaushalte und Verschiebebahnhöfe“ wie bei Schwarz-Gelb mehr gebe. Außerdem hätten die Kommunen im Land endlich einen verlässlichen Partner. Opfer müssten allerdings alle bringen und man könne keinen Bereich verschonen, denn „der Staat kann nicht mehr ausgeben als einnehmen“. Die neue Regierung mache auch endlich Schluss mit der CDU-Praxis, dass in den Wahlkreisen Geschenke verteilt werden.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke verglich Schmid mit der Märchenfigur „Hans im Glück“. Der wesentliche Unterschied zwischen Hans und „Nils in Glück“ sei folgender: „Hans hat diesen Goldklumpen für eine Leistung erhalten, während der Finanzminister nichts dafür kann, dass es ihm diese Steuereinnahmen hereingeregnet hat.“ Haushaltskonsolodierung sei für die Regierung ein Fremdwort, die Erhöhung der Grunderwerbsteuer treffe junge Familien und auch von der Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung wolle Grün-Rot nichts wissen. Zur Energiewende höre man von der Regierung immer bloß „Windkraft, Windkraft, Windkraft“. Er forderte den Verzicht auf neue Stellen in den Ministerien, die Einführung flexibler Arbeitszeitkonten für die Staatsdiener, die Auflösung der Sanierungsrücklage, den Verzicht auf die Gemeinschaftsschule sowie die Veräußerung der EnBW-Anteile an Stadtwerke und regionale Energieerzeuger und mittelfristig die Veräußerung des Landesanteils an der LBBW. Außerdem forderte Rülke die Einführung der Pkw-Maut in Form einer Vignette.
Aus Sicht von Klaus Maier (SPD) hat die Regierung keinen Spielraum für Steuersenkungen. Statt dessen werde Grün-Rot bis 2015 jedes Jahr 135 Millionen Euro zurückzahlen. Maier setzt große Hoffnungen in die neu gebildete Strukturkommission, die Vorschläge für den Doppelhaushalt 2013/14 erarbeiten soll. Dabei habe man neben den Kosten für die mehr als 207 000 Landesbediensteten auch die horrenden Pensionslasten im Blick.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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