Rehabilitation statt Geld gegen Leistung

14.01.2020 
Redaktion
 
Wenn Arbeitnehmer längere Zeit krank sind, können sie anschließend wiedereingegliedert werden.  Foto: dpa/Westend61

Foto: dpa/Westend61

Wenn Arbeitnehmer längere Zeit krank sind, können sie anschließend wiedereingegliedert werden. Welche Besonderheit es zwischen Angestellten und Beamten gibt und auf was Personalabteilungen achten sollten, erklärt im Interview Alexandra Horschitz, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei Bartl und Weise, Stuttgart.

Staatsanzeiger: Wiedereingliederung oder Betriebliches Eingliederungsmanagement – wo liegt der Unterschied?

Alexandra Horschitz: Das Betriebliche Eingliederungsmanagement muss immer dann gemacht werden, wenn ein Arbeitnehmer in einem Jahr insgesamt mehr als sechs Wochen krank war. Dann muss ein Betriebliches Eingliederungsmanagement-Gespräch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber stattfinden. Gegebenenfalls sind auch ein Schwerbehindertenvertreter, der Betriebsarzt oder der Personalrat beziehungsweise Betriebsrat anwesend. Ziel des Gespräches ist es, abzuklären, ob die Fehlzeiten im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen und wie sie künftig reduziert werden können.

Die Wiedereingliederung hingegen ist unabhängig von einem Betrieblichen Eingliederungsmanagement. Man schaut bei der Wiedereingliederung, wie ein Arbeitnehmer nach längerer Krankheit wieder im Unternehmen Fuß fassen kann. Dafür erarbeitet der Arzt zusammen mit dem Arbeitnehmer einen Wiedereingliederungsplan, eine Art Stufenplan, der in der Regel zwischen vier Wochen und sechs Monaten, was eher sehr ungewöhnlich ist, stattfindet. Der Plan sieht meist vor, dass man mit zwei Stunden startet und diese dann sukzessive steigert.

Ist die Wiedereingliederung ein Muss?

Nein, das ist freiwillig für den Arbeitgeber und im Übrigen auch für den Arbeitnehmer. Außer man ist schwerbehindert, dann hat man das Recht, wiedereingegliedert zu werden. Wenn sich Arbeitgeber weigern, eine Wiedereingliederung anzubieten, dann kann es sein, dass der Arbeitnehmer weiter krankgeschrieben bleibt und zu Hause bleibt, bis er dann direkt wieder mit voller Stundenzahl an den Arbeitsplatz zurückkehrt.

Übrigens ist der Arbeitnehmer, der im Rahmen der Wiedereingliederung kommt, nach wie vor arbeitsunfähig. Das heißt, er kriegt auch nicht sein Gehalt. Er erfüllt auch nicht seinen Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber schließt in dieser Zeit der Wiedereingliederung eine neue Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer. Es geht in diesem Kontext auch nicht darum, dass der Arbeitnehmer Geld gegen Leistung kriegt, sondern, dass er wieder rehabilitiert wird. Geld erhält der Arbeitnehmer in dieser Zeit von der Rentenversicherung oder der Krankenkasse.

Welche Rechte hat der Arbeitnehmer bei der Wiedereingliederung?

Im Grunde kann er sich darauf berufen, dass er seinen Arbeitsvertrag nicht erfüllt und er manchen Tätigkeiten noch nicht gewachsen ist und diese auch weglassen kann, wenn der Arzt das befürwortet.

Darf der Arbeitnehmer während der Wiedereingliederung Urlaub nehmen?

Dadurch, dass der Arbeitnehmer noch arbeitsunfähig ist, kann er keinen Urlaub nehmen. Anders ist es bei den Beamten: Da läuft die Wiedereingliederung auf einer anderen Rechtsbasis. Sie werden als arbeitsfähig behandelt und sie erbringen ihren Job wieder. Sie werden lediglich teilweise dienstbefreit. Wenn sie von sieben Stunden zwei arbeiten können, werden die Beamten fünf Stunden vom Dienst befreit und kriegen ihre Vergütung. Sie können dann auch Urlaub nehmen.

Wie sind Ihre Erfahrungen? Wie gehen Personalabteilungen mit dem Thema um?

Die Personalabteilungen sind sehr gewillt, die Wiedereingliederung anzubieten. Der Arbeitgeber hat schließlich eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer. Eine Wiedereingliederung sollte die Personalabteilung daher unterstützen. Probleme gibt es eher mit direkten Vorgesetzten, die rechtlich nicht versiert sind.

Die Personaler sollten in einer guten Kommunikation zu dem Arbeitnehmer stehen und fragen, wie es ihm geht und wie die Wiedereingliederung läuft. Bei Problemen sollten sie auch mit dem Vorgesetzten sprechen oder auch mal ein Feedback von beiden Seiten einfordern. Das kann dem Arbeitnehmer helfen.

Generell ist die Wiedereingliederung eine gute Möglichkeit, die Mitarbeiter an ihre Vollzeittätigkeit heranzuführen.

Das Gespräch führte Ayse Derre

Hinweis: Die Regelungen für Vollzeitbeschäftigte gelten auch für Teilzeitbeschäftigte. Es geht nicht darum, am Ende der Krankheitsphase wieder in Vollzeit zu arbeiten, sondern wieder zur persönlichen arbeitsvertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit zurückzukehren.

 

 

 


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