CRAILSHEIM. „Ich beantrage die Auflösung der Ausschüsse des Gemeinderats der Stadt Crailsheim“. So lautet einer der wohl kürzeren Anträge in der Geschichte des Gremiums. Gestellt wurde er von Gemeinderat Gerhard Neidlein (CDU) – mit Unterstützung der Grünen-Fraktion – schon im Juli. Jetzt hat der Gemeinderat darüber diskutiert und den Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Bemerkenswert ist die Analyse der Verwaltung, was das Zusammenspiel zwischen Gemeinderat und Ausschüssen angeht. Letztere sind in Crailsheim erst seit 2018 wieder Bestandteil der Kommunalpolitik. Die Analyse gibt Aufschluss darüber, wie die zeitliche Belastungen verteilt sind, und ob ein Verzicht auf Ausschüsse sinnvoll sein kann.
Ohne die Möglichkeit, Tagesordnungspunkte in Ausschüssen zu entscheiden, dauerten Gemeinderatssitzungen deutlich länger. Die Untersuchung weist zwischen 2015 und 2018 Werte zwischen 67 und 72 Stunden Dauer pro Jahr aus – im Durchschnitt sind das viereinhalb Stunden pro Sitzung.
Mit Einführung der Ausschüsse sinkt die absolute Stundenanzahl deutlich: Ab 2019 dauerten die Sitzungen dann nur noch maximal 45 Stunden pro Jahr. Allerdings hat die durchschnittliche Sitzungsdauer nicht abgenommen. Hinzuzählen muss man nun noch die Dauer der Ausschüsse: In der Spitze 27 Stunden für den Hauptausschuss und 32 Stunden für den Bauausschuss. Durchschnittlich dauert eine Sitzung rund drei Stunden.
Für jeden Gemeinderat – egal in welchem der beiden Ausschüsse er sitzt, ergab sich eine Gesamtsitzungsdauer von etwa 75 Stunden pro Jahr. „Insofern ist eine Zeitersparnis für die Einzelmitglieder mit Blick auf die Werte vor der Einführung der Ausschüsse derzeit nicht zu erkennen“, bilanziert die Verwaltung in der Vorlage. In der Tendenz lasse sich ablesen, dass die Verweildauer in kommunalpolitischen Gremiensitzungen sogar eher höher sei, wenn Ausschüsse existieren. Es sei bisher nicht gelungen, die durchschnittliche Dauer von Sitzungen des Gemeinderats mit der Einführung von Ausschüssen zu verringern. Gleichzeitig tagten Ausschüsse tendenziell länger.
Die Ausschüsse waren im Jahr 2018 eingeführt worden, um Verhandlungsgegenstände vertieft und effizient beraten zu können. Dies sei kritisch zu bewerten. Die Ausschüsse würden zwar für die vertiefte und intensive Beratung genutzt. Es falle jedoch auf, dass Argumente und Diskussionen, die bereits in den Ausschüssen vorgebracht und geführt wurden, in den Gemeinderatssitzungen „in ähnlichem Umfang wiederholt werden“.
Dies habe Auswirkungen auf die Sitzungsdauer und stehe dem erhofften Effizienzgewinn durch Vorberatung und Beschlussempfehlung in den Ausschüssen entgegen.
Die Verwaltung stellt außerdem nicht zum ersten Mal fest, dass es eine erhebliche Zunahme von Anfragen gebe. Seit dem vergangenen Jahr habe sich dies nicht geändert. Auch der Vorschlag, Anfragen schon im Vorfeld mit den jeweiligen Ressortleitern zu erörtern, werde wenig genutzt.
Die Folge ist: Der Tagesordnungspunkt „Anfragen der Gemeinderäte“ hat einen jeweils großen Umfang mit entsprechender Dauer. Die Verwaltung macht in der Vorlage auch einen ungewöhnlichen Vorschlag, um die vorgesehene Dauer von drei Minuten bei Redebeiträgen auch tatsächlich einhalten zu können.
So könnten „Drei-Minuten-Sanduhren“ für die Mitglieder ausgegeben werden – eine Möglichkeit, „den gesetzten Zeitrahmen für Wortbeiträge selbstständig im Auge zu behalten“. Die Verwaltung selbst sei von den „Wirkmöglichkeiten“ der Ausschüsse überzeugt und empfiehlt, daran festzuhalten, „wenngleich eingeräumt werden muss, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt der volle Mehrwert noch nicht erzielt werden konnte“.
Der Gemeinderat hatte erst im vergangenen Jahr die Geschäftsordnung und die Redezeitregelungen angepasst. Bis dahin hatte jede Fraktion pro Tagesordnungspunkt drei Minuten Zeit für ein einleitendes Statement, im Anschluss kamen weitere fünf Minuten Redezeit pro Mitglied hinzu. Daraus ergab sich eine theoretische Beratungszeit von 450 Minuten pro Tagesordnungspunkt.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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