„Da kommen auf die Landkreise erhebliche Anpassungsprozesse zu“

21.03.2014 
Redaktion
 
Kongress zur Zukunft des ländlichen Raums in Stuttgart
Foto: dpa

Stuttgart. Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, um die Zukunft des ländlichen Raums im Zeichen des demografischen Wandels zu sichern? Danach fragte die Landtagsfraktion der Grünen vor Ort. Ein Kongress in Stuttgart trug jetzt die Ergebnisse zusammen und soll zu Handlungsempfehlungen für die Politiker führen.

Mobilität und Verkehrsinfrastruktur, frühkindliche Betreuung und Bildung, die Entwicklung der Schullandschaft und die Sicherung der Gesundheitsvorsorge gehören zu den wichtigsten Themen für die Menschen, die im ländlichen Raum in Baden-Württemberg leben. Diese Erkenntnisse aus vier vorbereitenden Regionalkonferenzen in Mosbach, Bühl, Hechingen und Saulgau brachten Teilnehmer mit nach Stuttgart zum Kongress „Im Grünen daheim“, den die Landtagsfraktion der Grünen zur Zukunft des ländlichen Raums im Landtag veranstaltete.

Unter den rund 150 Teilnehmern waren neben zahlreichen Landtagsabgeordneten der Grünen sowie Landwirtschaftminister Alexander Bonde (Grüne) auch Vertreter der kommunalen Spitzenverbände sowie aus den Landkreisen, Städten und Gemeinden.  

Demografische Entwicklung spielt große Rolle

Sie befassten sich in acht thematischen Arbeitsgruppen - etwa „Wirtschaft, Arbeit, Handwerk“ oder „Mobilität und Verkehr“ - mit den Herausforderungen, die auf den ländlichen Raum in naher Zukunft zukommen. Eine große Rolle spielte dabei in allen Bereichen die demographische Entwicklung, die in nahezu allen Bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge spürbare Änderungen erforderlich machen wird.

Die Landtagsfraktion der Grünen will die Erkenntnisse aus diesem Kongress in ihre praktische politische Arbeit einfließen lassen, wie die Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann zu Beginn der Veranstaltung sagte. „Dieser Kongress ist kein Abschluss des Themas  'ländlicher Raum', sondern soll dazu beitragen, dass wir auch künftig lebens- und liebenswerte sowie wirtschaftlich erfolgreiche ländliche Räume in Baden-Württemberg haben.“  

„Das fordern wir seit zwei Jahren, und dabei bleiben wir“

Dass die Zusammenarbeit zwischen der kommunalen Seite und der Landesregierung konstruktiver geworden sei, konstatierte Harry Brunnet, Vizepräsident des Gemeindetags Baden-WÜrttemberg und Bürgermeister von Hardthausen, der in seinem Redebeitrag alle neuralgischen Handlungsfelder des ländlichen Raums aufzeigte. „Aber manche Bausteine sind unzureichend ausgebaut – zum Beispiel das Thema Mobilität. Wir erwarten, dass der  Streit mit dem Land über Ausbau und Unterhalt der Straßen endlich endet“, sagte der Vizepräsident des Gemeindetags. Es fließe schon deutlich mehr Geld für Straßenbaumaßnahmen als früher; dennoch stünden insgesamt noch 734 Maßnahmen mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro an.  „Wir erwarten von Land und Bund auch Perspektiven dazu, wie es nach 2019 weitergeht, wenn das Förderprogramm für kommunalen Straßenausbau ausläuft.“   

Erneut forderte Brunnet die Wiedereinführung eines Kabinettsauschusses für den ländlichen Raum. „Das fordern wir seit zwei Jahren, und dabei bleiben wir“, sagte Brunnet.  „Wir brauchen eine Strukturpolitik, die alle Bereiche umfasst; mittelfristig vielleicht sogar die Bildung eines Infrastrukturministeriums.“ Weiter warnte er davor, den ländlichen Raum auf eine 'heile Welt' und das 'magische Dreieck' aus Landwirtschaft, Naturschutz und Tourismus zu reduzieren. „Wir dürfen die Wirtschaft nicht aus dem Auge lassen, auch wohnortnahe Arbeitsplätze machen die Attraktivität des ländlichen Raums aus.“  

Bonde appelliert an Kommunen, sich regionaler Schulentwicklung zu stellen

Auch Karl Röckinger, Landrat des Enzkreises und Vizepräsident des Landkreistags Baden-Württemberg, nahm die Forderung nach einem Kabinettsausschuss auf. Eine entsprechende Resolution an die Landesregierung, berichtete Röckinger den Kongressteilnehmern, sei seit zwei Jahren unbeantwortet geblieben. Als zentrale Aufgabe der kommenden Jahre und Jahrzehnte bezeichnete es Röckinger, sich über die demografische Entwicklung Gedanken zu machen. Kreise und Kommunen seien auf allen Ebenen gezwungen, offensiv mit dem Thema Demografie umzugehen. „Da kommen auf die Landkreise erhebliche Anpassungsprozesse zu, aber auch die Landesregierung steht hier vor großen Herausforderungen“, sagte Röckinger.  

Landwirtschaftsminister Bonde indes ging in seinem Redebeitrag nicht auf die Forderung nach einem Kabinettsausschuss ein. „Unser Landeshaushalt ist ein Bekenntnis zu den Kommunen und einem starkem ländlichen Raum“, sagte er. „Unsere Kommunen sind die bestfinanzierten in der Republik und besser als alle anderen in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen.“ Dies zeige nicht zuletzt der Pakt mit Kommunen bei der frühkindlichen Betreuung und die deutliche Ausweitung der Landesmittel hierfür.

Auch die Wirtschaftsleistung des ländlichen Raums, so Bonde, werde durch die gezielten Investitionen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum (ELR) unterstützt. „2014 sind es 60,4 Millionen Euro, 2007 waren wir noch bei 47 Millionen“, sagte der Minister. „Aber den ländlichen Raum stärken heißt auch, an manchen Stellen umzudenken“, sagte Bonde. Er appellierte an die Kommunen, sich etwa der regionalen Schulentwicklung auch wirklich zu stellen. „Die größte Falle, in die der ländliche Raum laufen kann, ist so zu tun, als dürfe sich nichts verändern. Änderungen auszusitzen hat den ländlichen Raum noch nie weitergebracht“, so Bonde.


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