Gemeindetag warnt vor Abschottung in Rathäusern

23.08.2019 
Redaktion
 
Foto: Stadt Stuttgart

Stuttgart. Zunehmende Angriffe auf Amtsträger und Mitarbeiter öffentlicher Ämter führen aus Sicht des Präsidenten des Gemeindetags Baden-Württemberg zu einer neuen Abschottung in Bürgerbüros und Rathäusern. In der Vergangenheit habe man dort Barrieren wie Tresen abgebaut, um näher am Bürger zu sein, sagte Roger Kehle der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Nun würden aber die Mitarbeiter in den Rathäusern zunehmend angegangen und bedroht.

„Jetzt wissen wir von den Ersten, die sagen: Wir brauchen da wieder eine Theke, damit zumindest ein gewisser Abstand gewahrt ist”, sagte Kehle. „Das ist eine schreckliche Entwicklung.” Angriffe und Aggressionen würden nicht nur Bürgermeister betreffen, sagte Kehle - sondern häufig Mitarbeiter öffentlicher Ämter, etwa in Rathäusern, beim Bauamt oder Ordnungsamt. Er beruft sich auf eine Umfrage des Gemeindetags Baden-Württemberg unter 386 Kommunen zu dem Thema aus dem Jahr 2017. 60 Prozent der Mitgliedsstädte berichteten demnach von einer Zunahme aggressiven Verhaltens gegenüber Politikern und Mitarbeitern öffentlicher Stellen.

2018 zählt LKA 160 Fälle politisch motivierter Gewalt gegen Amtsträger

Dabei gebe es kaum Unterschiede zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten. Beschuldigungen, Beleidigungen und Bedrohungen - selbst Kindertagesstätten und Schulsekretariate werden demnach zum Ziel. Das mache ihn betroffen, sagt Kehle. Vielfach schwappe die Wut auf die Familie über - Kinder von Entscheidungsträgern würden bereits im Kindergarten angegangen. „Kritik kann doch nicht so weit gehen, dass ich die Familie in Sippenhaft nehme - da hört es auf”, sagte Kehle.

Der Mord an dem Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübcke (CDU), Anfang Juni hatte Debatten über rechte Gewalt, Hasskommentare und Angriffe auf Amtsträger befeuert. Auch im Südwesten sind Politiker immer wieder Hass und Gewalt ausgesetzt. Im ersten Quartal erfasste die Polizei 17 Straftaten gegen sie. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine CDU-Anfrage hervor. Das Landeskriminalamt (LKA) zählte im vergangenen Jahr im Südwesten 160 Fälle, bei denen Amts- und Mandatsträger Opfer von politisch motivierten Straftaten geworden sind. 81 Angriffe kamen den Anzeichen nach von rechts, 28 Angriffe von links.

Kehle sieht rote Linie erreicht

„Jeder der sich zur Wahl stellt muss sich darüber im Klaren sein, dass man mehr aushalten können muss als andere”, so Kehle. „Aber wir müssen mal darüber reden, wo denn da die Grenze ist.” Kehle hatte vor wenigen Wochen einen neuen Straftatbestand für das Stalking, also für das Nachstellen, von Politikern gefordert. Man müsse den Bedrohungen, Verleumdungen, Beleidigungen nachgehen. „Es ist jetzt eine rote Linie erreicht. Es darf so nicht weitergehen.”

Der Ton sei überall deutlich rauer geworden. Kehle führt die Aggression auf zunehmende Egoismen in der Gesellschaft zurück. Die AfD habe damit aus seiner Sicht weniger zu tun. „Die AfD zu einem gesamtgesellschaftlichen Umschwung verantwortlich zu machen – das wäre zu viel Ehre für diese Partei.” Er wolle die Rechtspopulisten nicht aufwerten.


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