STUTTGART. CDU und FDP im Landtag lehnen die Erstellung des vom Sozialministerium geplanten ersten Armuts- und Reichtumsbericht für Baden-Württemberg ab. Bei der Landtagsdebatte über einen entsprechenden von der CDU gestellten Berichtsantrag an das Sozialministerium kritisierte der CDU-Abgeordnete Thaddäus Kunzmann das Projekt und bezweifelte den Nutzen des Vorhabens. Baden-Württemberg sei das Land mit dem geringsten Armutsrisiko und der erfolgreichsten Armutsprävention unter allen Bundesländern.
„Warum brauchen wir einen Bericht, der eine Million Euro kostet und Ihr Haus bis 2015 beschäftigt?“, fragte Kunzmann in Richtung von Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). Stattdessen habe die Landesregierung die Hausaufgabenbetreuung und das Landeserziehungsgeld gestrichen. „Wir stehen Armuts- und Reichtumsberichten äußerst kritisch gegenüber“, sagte der CDU-Abgeordnete. Auch der FDP-Abgeordnete Jochen Haußmann äußerte „erhebliche Zweifel daran, dass solche Berichte etwas bringen“. Die FDP lehne den Bericht ab. „Es mangelt uns nicht an statistischen Daten“, so Haußmann.
Die Einführung einer Landes-Armuts- und Reichtumsberichterstattung war im März 2012 mit der Stimmenmehrheit der grün-roten Regierungsfraktionen vom Landtag beschlossen worden. Am federführenden Sozialministerium ist ein Beirat angesiedelt, der die inhaltlichen Schwerpunkte des Berichts festgelegt und das Verfahren beschlossen hat. Der Bericht soll spätestens im Jahr 2015 vorgelegt werden und ist im Landeshaushalt mit insgesamt einer Million Euro für zwei Jahre eingestellt. In der Erarbeitungsphase des Berichts werden mehrere Fachkonferenzen durchgeführt, beginnend mit den Konferenzen zu Kinderarmut und der gesundheitlichen Versorgung Wohnungsloser.
Dagegen sagte der SPD-Abgeordnete Rainer Hinderer, dass es auch im reichen Baden-Württemberg einiges an Entwicklungen gebe, das Anlass zur Sorge bereite. „Schlangen vor den Vesperkirchen – erbärmlich. Kinder, die hungrig in die Schule müssen – erbärmlich. Alte Menschen, die ihre Strom- und Heizungsrechnungen nicht mehr bezahlen können – erbärmlich“, zählte Hinderer auf. „Es gibt ein krasse Ungleichverteilung von Einkommen in unserem Bundesland“, sagte Hinderer. Die Landesregierung sehe die Probleme und arbeite mit den Wohlfahrts- und Sozialverbänden an deren Bekämpfung. Auch Thomas Poreski (Grüne) warf CDU und FDP vor, die Augen vor der sozialen Wirklichkeit in Baden-Württemberg zu verschließen.
Sozialministerin Altpeter schließlich begründete die Notwendigkeit einer eigenen baden-württembergischen Analyse. „Armutsprävention und Armutsverhinderung sind ganz zentrale Projekte der Landesregierung“, sagte sie. Baden-Württemberg sei eines der letzten Bundesländer, das noch keinen Armuts- und Reichtumsbericht habe. Der Schwerpunkt des ersten Berichtes soll auf dem Thema Kinderarmut liegen. „Wir geben keine Million Euro aus, nur ein Schriftstück zu haben, das dann in einer Abstellkammer im Ministerium landet“, sagte Altpeter, „wir wollen einen Bericht, der lebt und uns alle aufruft, Armut in unserem Land zu bekämpfen.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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