Ab kommendem Jahr gibt es Fahrverbote für Euro-4-Diesel

12.07.2018 
Von: sta
 
Redaktion
 

Foto: dpa

Stuttgart. Vom 1. Januar 2019 an müssen sich Besitzer älterer Dieselautos in Stuttgart auf Fahrverbote einstellen. Die grün-schwarze Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) einigte sich am Mittwoch nach wochenlangen Verhandlungen auf Fahrverbote für Diesel der Euro-Abgasnorm 4 und schlechter. Ob es ab 2020 auch Fahrverbote für jüngere Diesel der Euronorm 5 gibt, will die Koalition von der Wirkung eines Luftreinhaltepaketes abhängig machen. 

Von diesen möglichen Verboten sollen aber Euro-5-Diesel für eine Übergangszeit von zwei Jahren ausgenommen werden, die mit einer Software nachgerüstet worden sind. Bei einer Hardware-Nachrüstung soll die Ausnahme dauerhaft gelten. Bei den Fahrverboten für Euro-4-Diesel und schlechter soll es eine Übergangsfrist bis zum 1. April 2019 für Anwohner geben.  

Nach den Worten von Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz greift im nächsten Jahr auch eine Reform der Tarife im Verkehrsverbund VVS, um den Menschen das Umsteigen auf den ÖPNV zu erleichtern. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart sagte: „Diese Stadt muss raus aus den Staus.“ Es gelte, auch die Elektromobilität in Stuttgart voranzubringen.

Zahlreiche Ausnahmen von Fahrverboten

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sprach von zahlreichen Ausnahmen von den Fahrverboten, etwa für Lieferverkehre, Baustellenfahrzeuge und das Handwerk. „Wir haben hier unbefristete freie Fahrt vereinbart.“ Ausnahmen gebe es auch für Menschen im Schichtdienst, Pflegedienste und Kleinstbetriebe, die bei Verboten in ihrer Existenz bedroht seien. Auch für Einsatz- und Rettungsfahrzeuge, Busse, Taxen, Mietwagen, Car-Sharing-Fahrzeuge und Fahrzeuge von Pflegediensten sowie für Traktoren und Zweiräder sollen Ausnahmen gelten.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kündigte unter anderem mehr Expressbuslinien und ein besseres Parkraummanagement in Stuttgart an. Auch die Zahl der Park-und-Ride-Parkplätze um Stuttgart soll ausgebaut werden. Darüber hinaus sollen technische Maßnahmen zur Luftreinhaltung genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise eine intelligente Parkraumbewirtschaftung, die sich an Emissionsklassen orientiert und das Filtern und Absaugen von Stickoxiden, sofern technisch machbar.

Insgesamt kostet das Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung nach Hermanns Worten 450 Millionen Euro, wobei die Finanzierung zu einem Großteil schon gesichert sei. Es gebe eine offene Summe von 105 Millionen Euro über zehn Jahre, die es zu finanzieren gelte.

Ministerpräsident Kretschmann sagte, die Einigung zeige, dass die Koalition handlungsfähig sei. Zuvor war spekuliert worden, die Landesregierung könnte an der Frage der Diesel-Verbote zerbrechen, nachdem es bereits zum Jahresanfang eine schwere Belastungsprobe wegen einer zunächst angedachten und dann abgesagten Reform des Landtagswahlrechts gegeben hatte. Auch Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) sagte am Mittwoch: „Diese Koalition ist handlungsfähig.“

Verwaltungsgericht hatte Land Frist bis kommenden Montag gesetzt

Die Regierung musste auch deshalb jetzt eine Entscheidung treffen, weil das Verwaltungsgericht Stuttgart ihr eine Frist bis zum kommenden Montag gesetzt hatte, um ihre Luftreinhaltemaßnahmen genauer zu erklären und nachzuarbeiten. Das Gericht verlangte, dass das Land Fahrverbote für Euro-5-Diesel mit einem Termin in den Luftreinhalteplan für Stuttgart aufnimmt. CDU-Politiker wollen das Thema Euro-5-Diesel notfalls vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim klären lassen. Die Grünen wollen das eher nicht. Ob das Verwaltungsgericht die vorbehaltlichen Fahrverbote für Euro-5-Diesel akzeptiert, war zunächst offen. Sollte das Gericht ein Zwangsgeld verhängen, will die Regierung nach Kretschmanns Worten entscheiden, ob sie dagegen weiter vorgeht.

Der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gehen die Pläne der Regierung nicht weit genug: „Die Luftreinhaltepolitik wird in Baden-Württemberg nicht von den gewählten Volksvertretern, sondern durch Daimler, Porsche und Bosch bestimmt“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Die heutige Fahrverbots-Pressekonferenz in Stuttgart zeigte eine Landesregierung, die sich über höchstrichterliche Urteile hinwegsetzt, wenn die Dieselkonzerne dies einfordern.“

Nach der Entscheidung über Fahrverbote in Stuttgart dringt Bundesumweltministerin Svenja Schulze auf Hardware-Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge. „Ich sage es seit Wochen voraus: Je länger mit dem Einsatz von Hardware-Nachrüstungen für ältere Diesel gewartet wird, desto wahrscheinlicher werden Fahrverbote“, sagte die SPD-Politikerin. Jetzt müssten Diesel-Besitzer die massiven Fehler der Autobranche ausbaden. Ohne solche Nachrüstungen werde das Ziel, die Luft in Städten sauberer zu machen, nicht erreicht. Sie forderte, dass Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) seine Zurückhaltung gegen technische Nachrüstungen endlich aufgeben müsse und ein einheitliches technische Regelwerk für Dieselnachrüstungen auf den Weg bringen müsse.


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