Stuttgart. Dem von Rot-Grün geplanten Volksentscheid zum umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 steht nichts mehr im Wege. In seiner heutigen Sitzung lehnte der Landtag erwartungsgemäß den Gesetzentwurf der Landesregierung über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 mit der Mehrheit von CDU, FDP und den meisten SPD-Abgeordneten ab. Lediglich die Grünen und einige SPD-Abgeordnete stimmten in zweiter Lesung für das Gesetz.
Damit sind die Weichen für die Befragung der Bevölkerung gestellt: Am 27. November sollen die Wähler in Baden-Württemberg beim ersten Volksentscheid in der Landesgeschichte mit ihrem Votum den erbittert geführten Konflikt um das Milliarden-Bauvorhaben beenden. Verkehrsminister Winfried Hermann kündigte im Landtag an, dass er und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) das Ergebnis des Volksentscheids akzeptieren werden.
Nach dem Scheitern des Gesetzes unterschrieben 68 der 138 Abgeordneten — und damit mehr als das notwendige Drittel — den Antrag auf die Volksabstimmung. Das Kabinett wollte noch am Abend in einer Sondersitzung die Abstimmung förmlich beschließen, die Grüne und SPD in ihrem Koalitionsvertrag nach der gewonnenen Landtagswahl im März vereinbart hatten.
Während die Grünen Stuttgart 21 ablehnen, ist die SPD mit großer Mehrheit für das Projekt und den Landesanteil von 824 Millionen Euro an den Gesamtkosten von bisher 4,1 Milliarden Euro. Ein Erfolg der Stuttgart-21-Gegner bei dem Referendum ist unwahrscheinlich, da mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten für den Ausstieg aus der Finanzierungsvereinbarung des Landes votieren müssten.
„Stimmen Sie der Gesetzesvorlage Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S21-Kündigungsgesetz) zu?“ In der Debatte flogen die Fetzen. CDU-Fraktionschef Peter Hauk hielt der Regierung vor, ihr Argumentationsgebäude breche zusammen. Falls das Land aussteige, seien bis zu 2,5 Milliarden Euro Schadensersatz „für Nichts“ zu bezahlen. Deshalb sei jetzt Ministerpräsident Kretschmann am Zug.
„Die Regierung ist nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen“, kritisierte Hauk. Durch den offenen Dissens in der Koalition wähle man den Ausweg Volksentscheid. Dabei gibt es nach Ansicht der CDU überhaupt kein Kündigungsrecht für das Land. Er appellierte an die Bürger, sich an der Abstimmung zu beteiligen.
Der Grünen-Abgeordnete Daniel Renkonen hielt der CDU-Fraktion vor, vor der Deutschen Bahn AG zu kuschen. Sie sei auf die Mogelpackung der Bahn hereingefallen. Stuttgart 21 sei ein Milliarden-Grab. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel ging mit dem Taschenrechner ans Rednerpult und sprach am Ende von 390 Millionen Euro Puffer, die noch für das Projekt zur Verfügung stehen.
Zum Koalitionspartner sagte er, auch bei einem Kopfbahnhof müsse mit der Deutschen Bahn gebaut werden. Der Stuttgart-21-Befürworter verwahrte sich gegen den Vorwurf des Verfassungsverstoßes und betonte, der Volksentscheid erfolge auf der Grundlage des Rechts. Stuttgart 21 werde wie kein anderes Ereignis bis in Familien hinein kontrovers diskutiert. Deshalb sei es gut, wenn das Volk das letzte Urteil spreche.
Verkehrsminister Winfried Hermann blieb bei seiner Einschätzung, wonach der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro angegriffen oder schon durchschlagen sei. Schmiedel sei der Bahnauf den Leim gegangen. Er krintisierte die Bahn, die nach wie vor keine Zahlen offen lege, damit das Land die Ker und Kosten nachrechnen könne. Der Bahn warf er große Fehler und schlechte Planung vor. Klar sei aber auch, dass nach dem Volksentscheid die Debatte nicht weitergehen dürfe.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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