Stuttgart. Die Integration behinderter Kinder kann aus Sicht des Städtetags nur über Schwerpunktschulen erfolgen. „Wir übernehmen uns, wenn wir sagen, an allen Schulen gibt es alles“, sagte Verbandspräsidentin Barbara Bosch am Montag in Stuttgart. Es müssten im Rahmen der Regionalen Schulentwicklung frühzeitig Schulorte für Inklusion festgelegt werden, anstatt kurz vor Schuljahresbeginn zu entscheiden, an welchen Schulen sie stattfindet. Knappe Ressourcen würden dadurch atomisiert, nicht konzentriert.
Das Kultusministerium lehnt Schwerpunktschulen ab, weil es befürchtet, dass damit durch die Hintertür neue Sonderschulen eingerichtet werden. Das Land verfüge durch jahrelange Erfahrungen mit gruppenbezogenen inklusiven Bildungsangeboten über ein dichtes Netz von allgemeinen Schulen, die bereits inklusive Bildungsangebote realisiert haben, hieß es am Montag aus dem Ministerium. Dieses Netzwerk solle dichter werden, da sich mit der Zeit alle Schulen dieser Aufgabe stellen müssten. „Würden wir uns nur auf Schwerpunktschulen konzentrieren, würden wir Schulen von einer Entwicklungsaufgabe ausklammern, die für die gesamte Gesellschaft von großer Bedeutung ist.“
Als weiteren Streitpunkt mit dem Land nannte Bosch die Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr. Bauliche Veränderungen fielen in die Verantwortlichkeit des Landes, weil hier wie bei den Inklusionskosten die Konnexität (Wer bestellt, bezahlt) gelte. Diese Sicht teilt das Land nicht. „Für den Aufbau eines inklusiven Bildungssystems sind alle gemeinsam verantwortlich: Bund, Länder und auch die Kommunen“, hieß es dazu aus dem Ministerium. Bei derzeitigen Verhandlungen werde ausgelotet, welche Kosten anfallen und wie sie gemeinsam geschultert werden könnten.
Bosch forderte die Landespolitiker auf, nicht alle zwei, drei Jahre völlig neue Schulkonzepte aufzulegen. „Schule braucht Verlässlichkeit“, sagte sie mit Blick auf Schulfrieden im Südwesten, der wegen unüberbrückbarer Differenzen zwischen Opposition und grün-roter Koalition in immer weitere Ferne gerückt ist. Dabei ist vor allem die Gemeinschaftsschule umstritten. Bosch sagte aber: „Nachdem die Weichen in Richtung Gemeinschaftsschule gestellt sind, kann ich mir ein Zurück zum vorherigen Modell nicht vorstellen.“
Die Gemeinschaftsschule sei auch Folge davon, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr auf die Hauptschule schicken wollten. Deshalb sei das dreigliedrige Schulsystem nicht mehr zu halten. „Dieser Erkenntnis kann sich niemand mehr entziehen.“ Allerdings würden die Gemeinschaftsschulen in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr zum Nachfolgemodell für Hauptschulen, weil sie zu mehr als 90 Prozent aus diesen hervorgegangen seien, bedauerte Bosch.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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