„Wir werden bei der Sanierung landeseigner Gebäude Stück für Stück vorangehen“

06.07.2012 
Redaktion
 
Umweltminister Untersteller im Interview
Foto: Grüne Baden-Württemberg

Foto: Grüne Baden-Württemberg

Stuttgart. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) spricht im zweiten Teil des Interviews zur Energiewende über Baustellen, die Zusammenarbeit mit dem Bund und die Versorgungssicherheit. Den ersten Teil des Interviews lesen Sie an diesem Freitag in der Printausgabe des Staatsanzeigers.

Staatsanzeiger: Wo sehen Sie noch besonders große Baustellen bei der Energiewende?

Franz Untersteller: Vor allem bei dem Thema Energieeffizienz. Wenn man weiß, dass 40 Prozent der CO2-Emissionen dem Gebäudesektor zuzurechnen sind, dann ist das eine der großen Baustellen. Manches ist da bereits auf den Weg gebracht. Sowohl mit dem Förderprogramm des Bundes als auch mit unserem eigenen Förderprogramm, das wir im April gemeinsam mit der L-Bank aufgelegt haben und das sehr gut angenommen wird. Manches ist aber auch noch im Argen.

Zum Beispiel?

Stichwort Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für energetische Sanierungsmaßnahmen. Hier kamen wir im Vermittlungsausschuss noch zu keinem Ergebnis. Ich habe die Hoffnung darauf allerdings noch nicht aufgegeben. Denn damit würden wir meines Erachtens eine wesentliche Grundlage schaffen, um von einer unzureichenden Sanierungsquote von einem Prozent jährlich zu einer Sanierungsquote von mindestens zwei Prozent zu kommen. Und das ist notwendig, wenn wir unsere CO2-Ziele langfristig erreichen wollen.

Bei der EU-Energieeffizienzrichtlinie, auf die man sich kürzlich in Brüssel geeinigt hat, ist bloß noch eine Sanierungsquote für die Bundesgebäude vorgesehen. Eine Verpflichtung für Landes- und Kommunalgebäude ist rausgefallen. Ist das ein Fehler?

Ich halte das für einen Fehler. Ich habe die Energieeffizienzrichtlinie, wie von EU-Energiekommissar Günther Oettinger vorgelegt, vom Grundsatz her für völlig richtig gehalten. Und ich habe es nicht verstanden, warum eine Bundesregierung, die 2007 unter ihrer eigenen  Ratspräsidentschaft Ziele auf europäischer Ebene gesetzt hat, sich jetzt bei der Umsetzung ins Bremserhäuschen setzt. Nichts desto trotz werden wir in Baden-Württemberg, was die Sanierung landeseigener Gebäude betrifft, in den kommenden Jahren Stück um Stück vorangehen. Wir werden im Klimaschutzgesetzentwurf, den wir noch in diesem Jahr vorlegen wollen, auch Festlegungen für die landeseigenen Gebäude aufnehmen und deutlich machen, dass wir hier eine Vorbildfunktion haben. Und das heißt natürlich auch, dass wir uns mehr auferlegen als wir den Privaten auferlegen. 

Und bei den Kommunen?

Ich gehe davon aus, dass die Kommunen ebenfalls ein großes Interesse daran haben, die Energiewende umzusetzen. Und genauso wie wir als Land in der Pflicht sind, sind meiner Meinung nach die Kommunen in der Pflicht, eine Vorbildfunktion gegenüber ihrer Bürgerschaft einzunehmen. Es gibt auch durchaus eine ganze Reihe von positiven Beispielen von Kommunen in Baden-Württemberg. Ich habe den Eindruck, manche Kommune ist, was die Sanierung des Gebäudebestands betrifft, bereits weiter als das Land.  Ich habe deshalb keinen Grund, hier auf die Kommunen in Baden-Württemberg zu zeigen.

Die Bundesregierung ist nun gerade erst bei der Energieeffizienzrichtlinie zurückgerudert. Nun werfen gerade Umweltverbände der Bundesregierung immer wieder vor, dass sie bei der Energiewende eher bremsen würde als diese voranzutreiben. Wie optimistisch sind Sie denn in Bezug auf die Energiewende?

Das ist eine Mischung. Es gibt Dinge, da sind wir eigentlich auf einem guten Weg, manchmal auch erst auf Druck der Länder. Nehmen Sie das Beispiel Solarförderung , wo es erst einer Zweidrittelmehrheit gegen die Pläne der Bundesregierung bedurfte, um wieder Vernunft einkehren zu lassen. Auch beim Netzentwicklungsplan sind wir auf einem guten Weg. Demgegenüber gibt es aber auch Themen, bei denen es einfach hakt. Ich finde zum Beispiel, der Bund muss mehr für eine bessere Abstimmung zwischen Bund und Ländern tun. Auch in anderen Bereichen wie der Energieeeffizienz würde ich mir mehr Aktivität seitens des Bundes wünschen. Wobei mich die Pauschalität, mit der es immer wieder heißt, dass nichts funktioniert, stört. Man muss mal sehen, dass wir bei der Energiewende über ein Riesenprojekt reden. Und zu Beginn dieses Projekts hat man vor einem Jahr schon mal ein großes Paket verabschiedet und auf den Weg gebracht. Manches ist noch holprig, aber wir kommen weiter.  

Wo hakt es aus Sicht Baden-Württembergs noch besonders?

Für uns stellt sich zum Beispiel die Frage, wie wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu den nötigen Backup-Kapazitäten kommen. Ich versuche bereits seit Sommer vergangenen Jahres auf Bundesebene für das Thema Kapazitätsmarkt zu werben. Bisher habe ich allerdings den Eindruck, dass es dort noch nicht die ausreichende Sensibilität dafür gibt, dass in Süddeutschland - das gilt sowohl für Baden-Württemberg als auch für Bayern -  zusätzlich zum Ausbau der Erneuerbaren, auch weitere konventionelle Kapazitäten benötigt werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten wenn die restlichen Kernkraftwerke ab 2017 vom Netz gehen. Ich werde gemeinsam mit anderen dazu in Berlin ein entsprechendes Papier vorlegen.


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