Stuttgart. Auf Antrag der FDP hat der Landtag an diesem Donnerstag über den Vorschlag der Grünen diskutiert, das Kommunalwahlgesetz dahin gehend zu ändern, dass Kommunalwahllisten künftig paritätisch besetzt werden müssen. Dabei vertrat die Opposition eine fundamental andere Position als die Regierungskoalition.
Ulrich Goll (FDP) zeigte sich in der Landtagsdebatte skeptisch, ob der Vorschlag der Grünen weiterhilft, dass künftig mehr Frauen in Kommunalparlamenten vertreten sind. Die geplante Ausnahmeregelung bezeichnete er als eine „Farce“. Nach dem Vorschlag dürfen „ausnahmsweise auch die den Frauen vorbehaltenen Listenplätze mit Männern besetzt werden, wenn sich nicht genügend Kandidatinnen zur Wahl stellen oder die den Männern vorbehaltenen Listenplätze mit Frauen besetzt werden, falls sich nicht genügend Kandidaten zur Wahl stellen“. Er sprach sich gegen einen Zwang per Gesetz aus. Goll nannte das Beispiel Tübingen: Hier hätte man sich freiwillig auf die paritätische Besetzung geeinigt.
Nach seiner Ansicht kann der Plan der Grünen bloß funktionieren, wenn das Wahlrecht von der Persönlichkeitswahl hin zur Listenwahl geändert werde. Jedoch würde das erprobte System hierdurch in Mitleidenschaft gezogen. Um eine höhere Frauenquote zu erreichen, müsse man die Attraktivität der Positionen steigern, so Goll. Als Beispiel nannte er bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten.
Alexander Throm (CDU) pflichtete Goll bei: Der Vorschlag sei nicht durchdacht, wenig praktikabel und zudem nicht verfassungskonform. „Mit dem Gesetz wird in die interne Organisation der Parteien hineinregiert“, so Throm. Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) betonte, dass die Kandidatenaufstellung ein innerparteilicher Prozess sei. Frauen sollten Frauen ermutigen zu kandidieren.
„In Baden-Württemberg liegt der Frauenanteil in Gemeinderäten bei 22 Prozent, in den Kreistagen bei 16 Prozent“, sagte Edith Sitzmann (Grüne). Appelle, mehr Frauen auf die Wahlvorschlagslisten zu setzen und die finanzielle Förderung eines Mentoring-Programms für Frauen hätten nicht dazu beigetragen, mehr Frauen auf die Wahllisten und damit in die Gemeinderäte und Kreistage zu befördern.
Nach ihrer Ansicht besteht Nachholbedarf bei CDU und FDP, nicht bei den Grünen. Ihre Partei besetze die Wahllisten paritätisch. Die geplante Änderung des Kommunalwahlgesetzes begründete sie damit, dass es nicht sein könne, dass es bloß vom Engagement einzelner Frauen abhänge, ob sie im Parlament vertreten seien.
Claus Schmiedel (SPD) sah dies ähnlich: „Mit Engagement kann man etwas ausrichten, jedoch sind die Strukturen festgefahren.“ Die SPD wolle auf ihrem Parteitag im Herbst ebenfalls die interne paritätische Besetzung beschließen. „Wenn CDU und FDP das auch machen, dann ist das Problem erledigt und man muss sich nicht ins Spannungsverhältnis des Grundgesetzes begeben“, so Schmiedel.
Nach Ansicht von Silke Krebs (Grüne), Ministerin im Staatsministerium, gibt es nicht bloß in der Repräsentanz von Frauen, sondern auch bei der Gleichheit der Bezahlung von Frauen und Männern Nachholbedarf. Dies könne man nicht voneinander trennen. „Nur in Gremien, wo Frauen angemessen vertreten sind, kann ihr Anliegen auch gehört werden“, so Krebs. Lediglich eine verbindliche Quote führe dazu, dass Frauen angemessen vertreten seien. Daher gehe der Vorschlag für die paritätische Besetzung in die richtige Richtung.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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