Stuttgart. Am dritten Frauenplenartag im Landtag diskutierten die Abgeordneten an diesem Mittwoch über das Thema Frauengesundheit. Die CDU-Fraktion hatte dazu eine große Anfrage gestellt.
Marianne Engeser (CDU) bedankte sich bei der Landesregierung für die ausführliche Beantwortung der Fragen rund um Vorsorge, geschlechtsspezifische Krankheiten und Besonderheiten bei der medikamentösen Behandlung.
Alle Parteien betonten, wie wichtig dieses Thema und eine Sensibilisierung aller Beteiligten sei und forderten ein Umdenken bei der Forschung.
Engeser betonte, wie sich die Lebenssituation und Handlungsoptionen der rund 51 Prozent Frauen in Baden-Württemberg gewandelt hätten und sprach von Bildung, demografischem Wandel, Arbeitswelt, Familie und Gesundheit. Dabei lohne sich ein spezifischer Blick auf die Gesundheitssituation von Frauen, auch um zu sehen, wo es Handlungsbedürfnisse gebe. Denn es gelte zwischen weiblichen und männlichen Krankheiten zu differenzieren.
Zwischen den Fraktionen herrschte Einigkeit darüber, dass es vor allem die Doppelbelastung von Familie und Beruf sei, die Auswirkungen auf die Gesundheit oder Krankheit von Frauen habe. Eine negative und zu große Rolle spiele dabei immer noch der soziale und familiäre Hintergrund. „Armut macht krank. Das gilt besonders für Frauen“, konstatierte Bärbl Mielich (Grüne).
CDU, Grüne, SPD und FDP waren sich einig, dass sich die Medizin vor allem an der Lebenswirklichkeit der Frauen orientieren müsse. Marianne Engeser mahnte dabei eine bessere Informationspolitik an. Als Beispiel nannte sie das Screeningverfahren zum Früherkennen von Brustkrebs. „Das Land muss sich dafür einsetzen, dass sich mehr Frauen untersuchen lassen.“
Sie äußerte sich besorgt darüber, dass der Anteil an Kaiserschnitt-Entbindungen auf rund 30 Prozent angewachsen sei, denn dabei seien die Risiken deutlich höher als bei einer normalen Geburt. Die übrigen Redner schlossen sich dieser Kritik an.
Engeser rückte die seelische Gesundheit in den Fokus. Aufgrund von äußeren Einflüssen wie prekäre Arbeitsverhältnisse und einer Rollenüberlastung seien Frauen deutlich öfter von seelischen Erkrankungen betroffen als Männer. Ein Erkenntnisdefizit sieht sie noch bei Frauen mit Migrationshintergrund. Hier gäbe es Forschungsbedarf. Allgemein sprach sich die CDU-Politikerin dafür aus, das Thema Alltagsbewegung mehr in den Fokus zu rücken. „Neben einer Ernährungs- muss es ebenfalls eine Gesundheitsberatung an den Schulen geben“, forderte sie.
Die CDU werde die Landesregierung bei entsprechenden Vorhaben unterstützen und mit gutem Vorbild vorangehen: Sie forderte alle Parlamentarier zu mehr Bewegung auf. Sie sollten in Zukunft öfter die Treppe zu nutzen und auf den Aufzug verzichten.
„Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit“, sagte Mielich. Das Thema Gesundheit müsse sich an der Lebenswirklichkeit und den Arbeitsbedingungen der Frauen orientieren und damit besonders die „Work-Life-Balance“ im Blick haben. Die Grünen sprachen sich dafür aus, den Beruf und den Status der Hebamme zu stärken. Sie mahnte eine deutliche Reduzierung der Haftpflichtbeiträge an. Ebenfalls müsse die Frauendiagnostik ausgebaut und selbstverständlicher werden. Als Beispiel und Vorbild nannte sie das Institut für Frauengesundheit in Tübingen.
Alle Politiker machten auf den Missstand aufmerksam, dass sich die medikamentöse Behandlung zu sehr am Mann orientiere. Dort bestünde ein hoher Forschungsbedarf. Die Nebenwirkungen von Arzneien müssten mit deutlich höherem Aufwand auch für Frauen und für unterschiedliche Altersgruppen erforscht werden. „Medizinische Standards und medikamentöse Behandlung sind zu sehr an Männern orientiert. Das birgt Risiken für Frauen“, äußerte sich Sabine Wölfle (SPD).
„Eine geschlechtsdifferenzierte Forschung und Betrachtungsweise bei Krankheiten sei wichtig“, fand ebenfalls Jochen Haußmann. Er lobte die Stellungnahme der Landesregierung, äußerte gleichfalls aber leise Kritik: Ein Kapitel über die Bedeutung der Antibabypille tauche leider nicht auf.
Besonders widmete sich Haußmann dem Thema Übergewicht und der Gefahr von Diabetes. Landesweit seien fast die Hälfte aller Bürger übergewichtig. Außerdem müsse das Thema der Genitalverstümmelung als politisches Handlungsfeld definiert werden, forderte der liberale Politiker.
Abschließend äußerte Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) das Ziel, alle Angehörigen der Berufe im Gesundheitssektor für geschlechtsspezische Unterschiede bei Krankheiten sensibilisieren zu wollen — vor allem an den medizinischen Fakultäten und in den entsprechenden Ausbildungsberufen. Sie betonte die Unterschiede zwischen Männern und Frauen am Beispiel der Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislaufbeschwerden, Bluthochdruck.
Oft würden Herzinfarkte bei Frauen nicht oder erst zu spät diagnostiziert. Es sei wichtig, die Gender-Medizin weiterzuentwickeln. „Eine geschlechtergerechte Versorgung von Frauen und Männern muss sichergestellt werden“, sagte sie.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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