Landesregierung hat kein Geld für Straßenausbau und will ihn auch nicht

18.04.2012 
Redaktion
 

Stuttgart. Redner aller Landtagsfraktionen haben ihre unterschiedlichen Auffassungen über Finanzierung und Schwerpunkte der Verkehrsinfrastrukturpolitik des Landes bekräftigt. In der Debatte am Mittwoch warf die CDU der Landesregierung vor, sich Neubauprojekten politisch zu verweigern. FDP sowie die Regierungsfraktion SPD wiederum lehnten einen Ausbau der Mautsysteme ab, insbesondere die Einführung einer City-Maut, wie sie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) jüngst ins Gespräch gebracht hat.

Einig waren sich die Redner hingegen darin, dass Vorhaben für die Verkehrsinfrastruktur seit Jahren chronisch unterfinanziert sind und es seit Jahren insbesondere an einer ausreichenden Zuweisung von Bundesmitteln für das Land mangelt. Begrüßt wurde in der Debatte, dass der Bund wohl beabsichtige, einen neuen Finanzierungsschlüssel für die Länder zu erstellen. Der Abgeordnete Wolfgang Raufelder (Grüne) zeigte sich zuversichtlich, dass eine Neuordnung dem Land künftig mehr Investitionen ermöglichen werde.

Sanierung ist vordringliches Ziel der Landesregierung

Regierung und Oppositionen äußerten jedoch gegensätzliche Ansichten, für welche Vorhaben das Geld ausgegeben werden soll. Thaddäus Kunzmann (CDU) sieht weiterhin Bedarf für einen Ausbau des Straßenverkehrsnetzes, um Staus und Lärm zu reduzieren. Dem Verkehrsminister unterstellte er, dass dieser den nach seiner Ansicht notwendigen Neubau von Straßen aus politischen Erwägungen auch dann ablehnen würde, wenn es dafür ausdrücklich mehr Geld vom Bund gäbe. „Warum würgen Sie den kommunalen Straßenbau jetzt ab“, fragte er in Richtung Regierungsbank.

Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium, Gisela Splett (Grüne), betonte wiederum, zur Straßen- und Brückensanierung gäbe es in nächster Zeit keine Alternative. Die Sanierung und Unterhalt der Verkehrswege im Land seien viele Jahre vernachlässigt worden. Allein ein Drittel der 2000 Brücken seien in einem schlechten Zustand und müssten dringend überholt werden.

Frühere Verkehrswegepläne sind obsolet geworden

Geld für neue Straßen bleibe schon aus diesen Gründen nicht übrig, betonte die Staatssekretärin. Der Bundesverkehrswegeplan aus dem Jahr 2003 habe bei den Kommunen viele Hoffnungen geweckt, die nun enttäuscht werden mussten, weil die Sachlage ein Jahrzehnt später eine andere geworden sei. Sie verwies zudem auf den demografischen Wandel und die Klimaschutzziele. Bezogen auf diesen beiden Problembereiche sei ein weiterer Straßenausbau nicht zu rechtfertigen.

Die CDU- und FDP-Fraktionen wollten von der Vertreterin aus dem Verkehrsministerium erfahren, wie ernst jüngst geäußerte Überlegungen von Minister Hermann zur Einführung einer City-Maut zu nehmen seien. Splett betonte, dass es derzeit dazu keine konkreten Pläne gäbe. Bei der Nutzerfinanzierung setzt sie vordringlich auf eine Ausweitung der Lkw-Maut.

FDP sieht Rückfall ins Mittelalter

Nach Worten von Kunzmann setzt die CDU-Fraktion nach wie vor auf ein System der Nutzerfinanzierung als Ausweg aus der Finanzierungssackgasse. Nur damit könne der gordische Knoten durchschlagen werden – ob pauschal mit Vignette oder Kilometer abhängig, müsse sich zeigen. Sowohl FDP als auch SPD lehnen eine Ausweitung des Mautsystems für Baden-Württemberg  hingegen ab. Während Jochen Haußmann (FDP) vor einem Rückfall ins Mittelalter mit seinem Wegezoll warnte, ist Hans-Martin Haller (SPD) davon überzeugt, dass es angesichts der Kfz-Steuer, der Mineralölsteuer sowie der Umsatzsteuer beim Sprit eine nutzungsabhängige Finanzierung des Straßenverkehrs längst gibt. Der Vorschlag der CDU biete auch deswegen keine Lösung, da diese die Einführung einer Maut mit der Abschaffung der Kfz-Steuer koppeln wolle.


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