Stuttgart. Die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD stimmten an diesem Mittwoch im Landtag gegen einen Antrag der CDU-Fraktion, der sich mit der Problematik der Grauen Wölfe im Land auseinandersetzt und eine vermehrte Aufklärungsarbeit gegen die rechtsextreme türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung einfordert. Man sei sich inhaltlich völlig einig, betonten SPD und Grüne. Jedoch unterstellten sie der CDU „parteitaktische Spielchen“. Gleichzeitig verwiesen sie auf bisher stattfindende Arbeit der Landesregierung auf vielen Kanälen gegen Extremismus.
Der Antrag der CDU-Fraktion betont die Gefahr für die Demokratie in Deutschland und insbesondere auch in Baden-Württemberg, die von den Grauen Wölfen ausginge. Alle Parteien waren sich darin einig, dass diese Vereinigung demokratie- und verfassungsfeindlich, antisemitisch, islamistisch sei und aktiv gegen sie vorgegangen werden solle. Gerade in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sei das Problem der Grauen Wölfe evident, so die CDU. Die radikale Vereinigung wolle die Parteien infiltrieren und besonders auch Jugendliche für ihre Ziele gewinnen. Dagegen müsse massiv vorgegangen werden. Die Landeszentrale für Politische Bildung müsse ihre aufklärerische Arbeit über deren Ziele und Hintergründe ausbauen.
Im Südwesten haben die Grauen Wölfe rund 2100 ihrer bundesweit über 7000 Mitglieder. CDU-Politiker Bernhard Lasotta sprach von der Gefahr für die erfolgreiche Integrationspolitik, wenn wenige Extremisten als negative Beispiele die türkischen Bürger in Deutschland unter Generalverdacht stellten. „Unser Antrag ist ein starkes Signal aller Demokratien für null Toleranz gegen alle Extremisten“, endete Lasotta, nicht ohne vorher an den Fall der Ministergattin Tülay Schmid erinnert zu haben. Ein Auftritt Tülay Schmids bei den Grauen Wölfen hatte vor Monaten für Irritationen gesorgt. Lasotta forderte alle Politiker zu mehr kritischer Distanz auf.
SPD und Grüne deuteten diesen Verweis als Beleg für unlautere taktische Spiele der Opposition. „Die CDU hat sich mit dem Antrag heftig blamiert“, äußerte Grünen-Politiker Daniel Andreas Lede-Abal. Nach Ansicht des Politikers schade der Antrag der Integrationspolitik in Baden-Württemberg. Zwar sei man sich inhaltlich einig, dass die Grauen Wölfe antidemokratisch und gefährlich seien. Bisher seien im Südwesten aber keine Unterwanderungsversuche festzustellen.
Von Problemen wie in Nordrhein-Westfalen - Lasotta sprach von Infiltrationsversuchen der Grauen Wölfe bei der CDU-NRW - könne in Baden-Württemberg keine Rede sein. Ähnlich argumentiere SPD-Politiker Florian Wahl. Er unterstellte „parteitaktische Spielchen“, das habe der Verweis auf Tülay Schmid deutlich gemacht. Damit werde man der Debatte nicht gerecht. Trotz des überparteilichen Konsens wolle die SPD die Profilierung der CDU nicht dulden, zumal die Aufklärung bereits erfolgreich laufe und das nicht nur gegen türkischen Extremismus.
Innenminister Reinhold Gall (SPD) betonte, dass der Antrag keine Neuigkeiten beinhalte. „Den inhaltlichen Feststellungen schließen wir uns an“, räumte Gall ein, „aber wir sind seit Jahren regressiv und präventiv tätig.“ Bereits jetzt werde man den Ansprüchen des CDU-Antrags gerecht, der damit unnötig sei. Dem schloss sich Wahl an: „Was sie fordern, das tun wir.“
In einer persönlichen Stellungnahme versuchte SPD-Politiker Claus Schmiedel den Antrag der CDU als wahltaktisch zu entlarven. „Sie suggerieren einen Handlungsdruck.“ Mit dieser Pauschalisierung eines Verdachts verwende die CDU dieses wichtige Thema für indirekte persönliche Angriffe gegen Nils Schmid und andere Politiker. Das sei nicht hinnehmbar.
Den gleichen Vorwurf wahltaktischer Spielchen erhob nun seinerseits die CDU und wurde dabei von der FDP unterstützt. Der Liberale Ulrich Goll zeigte sich fassungslos: „Wie kann man einen solchen Antrag ablehnen?“, fragte er die versammelten Politiker. Eine Annahme des Antrags sei für ihn selbstverständlich. Die Aufklärung müsste ausgebaut werden. Mit ihrer ablehnenden Haltung unterstütze die Koalition die Grauen Wölfe. CDU-Politiker Lasotta zeigte sich ernüchternd. „Sie wollen nicht zustimmen, weil der Antrag von der CDU ist.“ Damit würde Grün-Rot seiner Integrationspolitik schaden. „Sie stimmen uns inhaltlich zu, aber verhalten sich parteitaktisch.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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