Innovationsrat zieht nach drei Jahren Bilanz

03.10.2010 
Redaktion
 
Handlungsempfehlungen
Erweiterung des Fraunhofer-Insitutszentrums in Stuttgart. Foto: Jürgen Schmidt

Stuttgart. Dutzende von Handlungsempfehlungen an die Politik hat der Innovationsrat Baden-Württemberg in den knapp drei Jahren seines Bestehens ausgesprochen, fast 31 Millionen Euro hat die Landesregierung zur Verfügung gestellt, um diese umzusetzen. Entsprechend positiv fiel jetzt die Bilanz aus, die Vertreter der Landesregierung sowie aus Wirtschaft und Wissenschaft jetzt gezogen haben. Denn kurz vor dem Ende der Legislaturperiode stellte das noch von Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) berufene Beratergremium in dieser Woche seine Arbeit planmäßig ein.

Baden-Württemberg ist eines der innovativsten Bundesländer Deutschlands

Auch wenn die Innovationskraft des Landes der Tüftler und Erfinder seit Wirtschaftskrise und der im Sommer vorgestellten McKinsey-Studie zur Zukunftsfähigkeit nicht mehr unumstritten ist, sind sich die Vorstände des Innovationsrates einig: Baden-Württemberg steht im Vergleich zu anderen Bundesländern aber auch anderen Weltregionen sehr gut da. Wachstum und Exportanteil lägen deutlich über dem Bundesdurchschnitt, sagt der Vorstandsvorsitzende der Festo AG (Esslingen), Eberhard Veit. Auch bei der Zahl der Patentanmeldungen liege der Südwesten mit 144 pro 100.000 Einwohner weit über dem Bundesdurchschnitt von 58. Und Veits Co-Vorstand im Innovationsrat, der Stuttgarter Physiker und frühere Astronaut, Ernst Messerschmid, lobt, dass im 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Wissenschaft aufgewendet werden. Auch bei Bildung und Beschäftigung sehen beide das Land an der deutschen Spitze.

Doch Grund zum Zurücklehnen sehen weder Veit noch Messerschmid. Es gebe immer Verbesserungsmöglichkeit, meint der Wissenschaftler. „Wir müssen um das besser sein, was wir teuerer sind“, postuliert der Wirtschaftsboss. Im Innovationsrat haben sich beide zusammen mit rund 50 weiteren Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften, Kunst, Kultur, Sport und Gesellschaft bemüht, Lösungen dafür zu finden, wie das Land seine Erfinderqualitäten bewahren und noch ausbauen kann.
Dabei geht es oft um ganz praktische Fragen, etwa wenn es um die engere Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft geht, um den Technologietransfer zu beschleunigen und zu effektivieren. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen fehle da oft der Zugang, so Veit. Das sei aber für die gesamte baden-württembergische Volkswirtschaft ein Problem, weil die Mittelständler deren Rückgrat seien. Abhilfe soll beispielsweise die Ausweitung des Konzeptes „Industry on Campus“ auf Fachhochschulen schaffen, die häufiger Partner kleinerer Unternehmen in der Forschung seien als Universitäten. Grundgedanke des Konzeptes ist, Unternehmen und wissenschaftliche Forscher in einem Gebäude auf dem Hochschulgelände zusammenzubringen, um durch die räumliche Nähe die Zusammenarbeit bei konkreten Projekten einfacher zu machen. Auch die Innovationsgutscheine für kleine und mittlere Unternehmen gehen auf einen Vorschlag des Innovationsrates zurück.

Innovationsrat liefert konkrete Vorschläge für Unternehmen, Universitäten und die Politik

Unmittelbare Auswirkungen auf die Politik hatte die Arbeit des Rates auch beim Thema Fachkräftemangel. Auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise schlug der Rat ein Sofortprogramm vor, um für 500 Absolventen technischer und naturwissenschaftlicher Fächer befristete Stellen zu schaffen. Damit sollte vermieden werden, dass die angehenden Ingenieure und Wissenschaftler arbeitslos werden und dies wiederum negative Auswirkungen auf die Bewerbzahlen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) hat. Dieses Ziel sei erreicht worden, der Ansturm auf die Fächer sei nach wie vor hoch, sagt Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU). Das Programm wurde dabei sogar mit 269 bewilligten Anträgen nur zu etwas mehr als der Hälfte ausgeschöpft.

Trotz der positiven Bilanz sehen die beiden Vorstände des Beraterkreises zwei wesentliche Hemmnisse für Innovationen in Baden-Württemberg: Fehlendes Risiko-Kapital und eine weit verbreitete Technikfeindlichkeit in der Bevölkerung. Während in den USA 59 Milliarden Dollar Risikokapital zur Verfügung stünden seien es in Deutschland gerade einmal 600 Millionen, klagt Veit. Es müssten Modelle gefunden werden, wie öffentliche und private Gelder besser zusammengebracht werden könnten. Und auch in der Einstellung zur Technik braucht es nach Meinung der Rats-Vorstände ein grundsätzliches gesellschaftliches Umdenken. Andere Länder, wie etwa China, seien da viel weiter Deutschland.


Kontakt

Ihre Ansprechpartnerin in der Redaktion

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Unser Team

Ihr Kontakt zu unseren Redakteurinnen und Redakteuren

Zum Team

Praktikums-Tagebuch

Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger. 

Zum aktuellen Tagebuch

Der Kommunal-Newsletter

Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den 
Kommunal-Newsletter.

Newsletter abonnieren