Lehrgang für Atemschutzgeräteträger bei der Feuerwehr Esslingen

03.05.2021 
Redaktion
 
Foto: Jennifer Reich

Foto: Jennifer Reich

KIRCHHEIM/ESSLINGEN. Langsam öffnet der Truppführer, der vor mir hockt, die Tür. Sofort dringt Rauch heraus. Da der nach oben steigt, kauern wir unter der Rauchgrenze. Der Truppführer schließt die Tür und nimmt das Funkgerät zur Hand. „Gruppenführer für Trupp1, kommen.“ Dann beschreibt er die Lage, der Flaschendruck der Pressluftatmer wird durchgegeben.

Der Druck sollte vor dem Einsatz bei 300 Bar liegen, mindestens bei 270, zehn Prozent weniger sind zulässig. Das Füllvolumen der Pressluftflasche beträgt sechs Liter. Rund 1600 Liter Atemluft stehen damit komprimiert bereit, zugeführt wird sie über eine Vollmaske. Wer bei Luft an leicht denkt, liegt falsch: Die Flaschen wiegen je nach Material vier bis neun Kilo. Viele Feuerwehren haben noch Stahlflaschen. Dazu kommt die persönliche Schutzausrüstung. Rund 20 Kilo tragen Atemschutzgeräteträger mit sich herum.

Die Sicht hinter der Türe ist aufgrund der Rauchentwicklung gleich null

Nachdem wir, ehrenamtliche Mitglieder der Feuerwehr Esslingen, dem Gruppenführer den Druck der Flaschen, Namen und Standort durchgegeben haben, gehen wir durch die Türe und schließen sie hinter uns. Auf keinen Fall darf der Flur, der später als Fluchtweg dient, verraucht werden. Die Sicht innen ist gleich null. „Hier ist die Feuerwehr“, ruft der Truppführer. Nichts. Wir tasten uns im Kriechgang vorwärts. Es wird schnell warm in der Einsatzkleidung, die darauf ausgelegt ist, dass keine Hitze durchgeht – raus aber auch nicht, ein Temperaturausgleich findet nicht statt. Das Atmen durch die Maske ist ungewohnt. Das Gewicht lastet schwer auf den Schultern. Wir kriechen weiter. Wir tasten Sofas ab und prüfen, ob sich darauf oder dahinter jemand verbirgt, steigen Leitern und passieren Hindernisse, etwa Röhren.

Unterwegs finden wir eine Gasflasche, was wir umgehend dem Gruppenführer draußen per Funk mitteilen. Der sagt uns, dass wir sie mitnehmen sollen. Gar nicht so einfach die Flasche durch so manche Engstelle zu bekommen. Was bei der Feuerwehr im Einsatz jederzeit so ablaufen kann, war am Samstag eine Übung. Und zwar im Rahmen des Lehrgangs für Atemschutzgeräteträger, der bei der Feuerwehr Kirchheim/Teck stattgefunden hat. Es wird Abstand gehalten, werden die Atemschutzmasken nicht getragen, gilt Mund-Nasen-Schutz- Pflicht. Der Lehrgang dauert 25 Stunden.

Arbeiten unter Atemschutz verlangt körperlich viel ab. Das durften die Lehrgangsteilnehmer bei der Belastungsübung feststellen, die jeder Atemschutzgeräteträger einmal im Jahr machen muss. Grundvoraussetzung ist die Atemschutztauglichkeit, die mit der arbeitsmedizinischen Untersuchung „G 26.3“ bescheinigt wird. Ist man fit, gilt sie für drei Jahre. Für die, deren Kondition nicht reichte, und für Feuerwehrleute über 50 Jahre, heißt es nach einem Jahr wieder zur „G 26.3“.

Drei Mal zehn Meter auf der Leiter und 100 Meter Laufband

Am Samstagmorgen fragen die Lehrgangsleiter zunächst ab, was bei den Feuerwehrleuten aus dem Landkreis Esslingen von der Theorie hängengeblieben ist. Dann geht es an die körperliche Arbeit. In den Gruppen, die für den Lehrgang fest eingeteilt sind, findet nun auch die Belastungsgewöhnungsübung statt.

Zunächst heißt es ausrüsten: Einsatzkleidung, Feuerwehrhaltegurt, Atemschutzausrüstung, Helm. Dann geht es über die Treppe Richtung Keller. Dort ist die Atemschutzstrecke. Sie kann nach Bedarf gestaltet werden. Schmale Gänge, Engstellen, senkrechte und waagrechte Röhren, Leitern und Treppen. Auch kann die Strecke verdunkelt und vernebelt werden. Geräusche, zum Beispiel schreiende Menschen, können eingespielt werden. Für die Gewöhnung geht es zunächst in voller Montur auf die Geräte. 80 Meter Laufband, acht Meter Endlosleiter. Dann geht es durch die Strecke. Schon das ist nicht ohne. Es fordert Muskelkraft, Ausdauer und Gelenkigkeit. Dann geht es wieder auf die Geräte, im Anschluss noch einmal Strecke.

Dann ist die nächste Gruppe dran. Wir lassen solange unsere Flaschen wieder mit Druckluft füllen und erholen uns kurz. Dann gilt es: Für die Belastungsübung ausrüsten, man hilft sich gegenseitig. Und wieder auf die Geräte: Dieses Mal sind es zehn Meter Leiter und 100 Meter Laufband. Dann auf die Strecke, wieder auf die Geräte und nochmal in die Strecke. Als ich danach zügig auf dem Laufband gehe, geht meine Atmung schnell, mir ist heiß, es ist extrem anstrengend. Fertig. Gott sei Dank. Aber ich muss noch einmal auf die Leiter.

Ich schaue auf das Manometer. Ich habe noch Druck, bevor ein schrilles Alarmsignal bei 50 bis 60 Bar mitteilt, dass es Zeit wird für den Rückweg, beziehungsweise dass die Atemluft knapp wird. Damit die Belastungsübung als erfolgreich absolviert gilt, muss sie reichen. Kurz durchschnaufen, so gut es eben geht. Ich versuche meine Atmung langsamer werden zu lassen. Mit mäßigem Erfolg, ich will nur noch raus aus den Einsatzklamotten und Gerät und Maske ablegen.

Ich steige auf die Leiter und konzentriere mich auf die nächste Stufe. Einfach weiter. Als die Leiter endlich stoppt, bin ich unglaublich erleichtert und stolz. Es hat nicht gepiept. Für die Belastungsübung 2021 habe ich mir fest vorgenommen, mehr Sport zu treiben.


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