Vom Notrufeingang bis ins Krankenhaus: Unterwegs mit dem DRK

18.09.2014 
Redaktion
 
Foto: Reich

Waiblingen. In der Integrierten Leitstelle (ILS) Rems-Murr-Kreis in Waiblingen stehen die Telefone nicht still. „Notruf Rettungsdienst, Feuerwehr“: Im Akkord melden sich die vier Mitarbeiter mit diesem Satz, wenn sie einen Anruf annehmen. Rund 1000 Anrufe gehen an einem Tag ein, sagt Disponent Carsten Leidner. Er versteht sich und seine Kollegen als „Dienstleister für alles Nichtpolizeiliche“. 

Dazu müssen die Disponenten entsprechend ausgebildet sein. In der Regel arbeiten in der Leitstelle Rettungsassistenten, die eine 15-monatige Zusatzausbildung durchlaufen: Sie werden feuerwehrtechnisch ausgebildet, werden mit der Technik vertraut gemacht und lernen, wie sie Gespräche richtig führen. „Wir arbeiten unter Stress“, sagt Leidner. Neben strategischem Arbeiten spielen auch rechtliche Aspekte eine große Rolle.

Insgesamt 15 Disponenten arbeiten in der ILS Waiblingen im Schichtdienst. Rund um die Uhr. Nachts und am Wochenende ist die ILS mit zwei Disponenten besetzt, sonst mit mindestens drei Personen. Die 15 Disponenten managen Krankentransporte, Feuerwehreinsätze und Hausnotrufe im Rems-Murr-Kreis. Etwa 14000 Alarme gehen im Jahr ein, sagt Leidner. Darunter seien aber viele Fehl- und Probealarme.

Alle Daten werden auf dem Einsatzleitrechner erfasst

Leidner sitzt vor fünf Bildschirmen und unzählig vielen Tasten. Geht ein Notruf ein, dann fragt er zunächst ab, welche Hilfeleistung gebraucht wird: Rettungsdienst oder Feuerwehr. Steht fest, dass der Rettungsdienst benötigt wird, muss geklärt werden, welches Fahrzeug ausrückt: ein Krankentransportwagen für Liegende und Nicht-Notfallpatienten, ein Rettungswagen für Notfallpatienten, deren Zustand nicht akut gefährdet ist, oder ein Notarzteinsatzfahrzeug mit entsprechender Ausstattung für absolute Notfälle.

Während Leidner alle notwendigen Informationen abfragt, beginnt er bereits diese im Einsatzleitrechner zu erfassen. Das Programm macht ihm immer wieder Vorschläge. Adressen und Institutionen, etwa alle Krankenhäuser im Landkreis, sind dort hinterlegt. Auch zeigt das Programm Vorschläge, welches Fahrzeug wo zur Verfügung steht. Alle Vorschläge können auch manuell bearbeitet werden. Außerdem muss Leitner eine Einsatzart angeben. Ein Stichwort. Auch diese sind im Programm hinterlegt. 

Gemeldet ist ein Oberschenkelhalsbruch in Kernen

Je nachdem um welche Art von Einsatz es sich handelt, wird auch gleich festgelegt, ob das jeweilige Fahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn ausrücken darf oder nicht. Ist alles erfasst, dann geht der Alarm per Funk an ein Kurztextdisplay in dem ausgewählten Rettungsfahrzeug. Der Einsatzort ist dann auch bereits auf das Navi gespielt. Die Rettungskräfte können sofort los.

So auch an diesem Freitagnachmittag in der Rettungswache des DRK Waiblingen.  Um 16.05 Uhr geht ein Alarm aus der ILS ein: Gemeldet ist ein Oberschenkelhalsbruch in Kernen. Der Rettungswagen kommt zum Einsatz. Schon eine Minute später fahren Rettungsassistent Benjamin Wiegold und Rettungshelfer Kevin Keiner los. Ohne Blaulicht und Signal. Als sie am Einsatzort ankommen erwartet sie bereits der Sohn der Patientin. „Was ist denn passiert?“, fragt Wiegold den Mann. „Meine Mutter ist hingeflogen“, antwortet der. Sie holen schnell ihre Ausrüstung aus dem Rettungswagen und eilen dann die Treppen in den ersten Stock hinauf. Durch den Flur gelangen sie ins Esszimmer. Im dahinterliegenden Wohnzimmer liegt die Patientin. Vor dem Wohnzimmerschrank.

„Da machen wir gar nicht lang rum“

„Ist Ihnen schwarz vor Augen geworden?“, fragt Wiegold die Frau. Sie verneint. Es sei ihr bloß „schummrig“ geworden. Wie genau das alles passiert ist weiß sie nicht mehr genau. Wo sie Schmerzen hat, kann sie aber genau sagen. Wiegold bittet die Frau, ihm ihre Schmerzen zu beschreiben. Auf einer Skala von eins bis zehn. Sie ist sich nicht ganz sicher. Da sie aber offensichtlich starke Schmerzen hat, fordert Wiegold einen Notarzt an. „Da machen wir gar nicht lang rum.“ Denn ohne Schmerzmittel – die derzeit nur der Notarzt geben darf – kann die Frau nicht transportiert werden.

Während Wiegold und Keiner auf die Verstärkung warten, messen sie den Blutdruck, legen einen Zugang und nehmen schon einmal Blut ab, auch der Blutzuckerwert wird gemessen. Es wird geklärt welche Medikamente die Frau einnimmt und ob irgendwelche Krankheiten bestehen. Bei allem was sie tun, warnen sie die alte Frau vor: „Nicht erschrecken, jetzt wird es kurz kalt“, oder „nicht erschrecken, jetzt pikst es kurz“. Die Frau trägt alles mit Fassung. Sie bekommt eine Infusion.

Transport der Patientin wird zur Herausforderung

Dann trifft auch schon die Notärztin ein. Sie schließt sich mit Wiegold und Keiner kurz, stellt der Frau weitere Fragen und verabreicht ihr dann ein Schmerzmittel. Eine Herausforderung wird der Transport der Frau. Das Treppenhaus im Haus ist schmal. Sie muss mit einem Tragetuch transportiert werden. Es ist schwül an diesem Tag. Nur mit vereinten Kräften gelingt es den vier Männern – mit der Notärztin ist inzwischen ein weiterer Rettungsassistent gekommen – die Frau hinunterzutragen. Vor der Haustüre wird die Frau vom Tragetuch auf die Trage des Rettungswagens gehoben  und in den Rettungswagen gebracht. Die Notärztin bleibt stets an ihrer Seite. Auch im Rettungswagen. Das Krankenhaus wird informiert, dass man so gut wie auf dem Weg ist.

„Startklar“, tönt es aus dem hinteren Bereich des Rettungswagens. Rettungshelfer Keiner schaltet den Motor an und gibt vorsichtig Gas. Seine Aufgabe ist es nun, die Frau möglichst „angenehm“ ins Krankenhaus zu bringen. Die Liege ist gefedert, damit die Erschütterungen durch die Fahrt für den Patienten nicht für noch mehr Schmerzen sorgen. „Man muss ein Mittelmaß finden zwischen Eile und schonendem Fahren“, sagt Keiner. Derweil hält sich der Notarztwagen stets in der Nähe des Rettungswagens auf. Sollte ein weiterer, dringlicherer Notfall eingehen, würde die Notärztin dann quasi übergeben.  Diese Einsatztaktik wird als Rendezvous-System bezeichnet.

Status Zwei: Einsatzbereit auf Wache

Um 17.13 Uhr erreicht der Rettungswagen das Krankenhaus in Winnenden. Hier wird die Patientin umgebettet, alle Informationen und Maßnahmen werden dem Krankenhauspersonal erläutert, Formulare ausgefüllt. Keiner bereitet draußen den Rettungswagen auf den nächsten Patienten vor. Die Leitstelle weiß dabei stets, in welchem Status sich der Rettungswagen befindet. Derzeit ist das der Status acht: „Am Transportziel. Sobald Keiner und Wiegold wieder auf der Wache sind, wird die Taste mit der Zwei gedrückt: Einsatzbereit auf Wache. 

Einen weiteren Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Staatsanzeigers. Darin geht es um die Zukunft der Rettungsassistenten. Im Oktober startet die Ausbildung zum neuen Notfallsanitäter, die das Berufsbild der Rettungsassistenen ablösen sollen.

 


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