Grüne, CDU, SPD und FDP wollen am Mittwoch das U-Ausschuss-Gesetz ändern

26.09.2016 
Von: sta
 
Redaktion
 
Nachgehakt: Landtag
Foto: Landtagspressestelle

Stuttgart. Der Landtag befasst sich in der ersten Sitzung nach der parlamentarischen Sommerpause an diesem Mittwoch mit einem Antrag der AfD-Fraktion und der von ihr abgespaltenen Alternative für Baden-Württemberg (ABW) auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema Linksextremismus im Südwesten. Die Fraktionen von Grünen, CDU, SPD und FDP wollen dies verhindern und an diesem Mittwoch das Untersuchungsausschussgesetz ändern.

Warum können die beiden Fraktionen einen Untersuchungsausschuss beantragen?

Der Landtag hat laut Geschäftsordnung einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wenn zwei Fraktionen das fordern oder ein Viertel der Abgeordneten. Die Geschäftsordnung sagt bislang nichts darüber, ob die Mitglieder der zwei Fraktionen der gleichen Partei angehören dürfen, wie das bei AfD und ABW der Fall ist. Trotz einer wochenlangen Mediation und einer Klausurtagung brauchen die beiden nach eigenen Angaben noch bis Oktober, um auch offiziell wieder zusammenzufinden. Die AfD-Fraktion hatte sich infolge des Streits um Antisemitismusvorwürfe gegen den Abgeordneten Wolfgang Gedeon gespalten.

Wie sehen das die anderen Fraktionen?

Sie interpretieren den "Geist des Gesetzes" so, dass für einen U-Ausschuss die Mitglieder der beiden Fraktionen unterschiedlichen Parteien angehören müssen. Überdies sei die Wiedervereinigung der beiden ehemals zerstrittenen Fraktionen so gut wie vollzogen. Deshalb wollen Grüne, CDU, SPD und FDP den Antrag in der Debatte zerpflücken und ihn an den für Verfassungs- und Rechtsfragen zuständigen Ständigen Ausschuss überweisen. Über dessen Empfehlung - voraussichtlich eine Ablehnung des Begehrens - wird das Plenum dann bei einer späteren Sitzung endgültig entscheiden. Der nächste Termin wäre der 12. Oktober.

Was bezwecken AfD und ABW mit dem Ausschuss?

Die AfD will in ihrem sehr allgemein gehaltenen Antrag klären, "in welcher Dimension der Linksextremismus in Baden-Württemberg verbreitet ist". Damit wolle sie von rechtsextremen Strömungen in der eigenen Partei ablenken, meint der Freiburger Politologe Michael Wehner. "Der Untersuchungsgegenstand bedient das Vorurteil, dass die anderen Parteien auf dem linken Auge blind sind und nur in Richtung Rechtsextremismus schauen." Damit wolle die AfD/ABW im nationalkonservativen Milieu Sympathien gewinnen.

Welche weitere Kritik an dem Begehren der AfD gibt es?

Der Vorsitzende des neuen NSU-Untersuchungsausschusses, Wolfgang Drexler (SPD), betont, ein Ausschuss müsse das letzte und schärfste Mittel der Opposition bleiben, wenn sie auf anderem parlamentarischen Wege nicht weiterkomme. Zuerst müssten Instrumente wie Kleine und Große Anfragen oder eine Regierungsbefragung ausgeschöpft werden, bevor ein teurer Ausschuss eingesetzt werde. Überdies gebe es zu dem Themenkomplex keinerlei Akten. "Die Rechtspopulisten wollen die Landesregierung vorführen und diskriminieren", resümiert Drexler.

Welche Konsequenzen ziehen die übrigen Parteien aus dem Fall?

Sie wollen die Geschäftsordnung des Landtags ändern. Ähnlich wie im Sächsischen Landtag soll klargestellt werden, dass Mitglieder zweier Fraktionen nicht derselben Partei angehören können. So soll folgender Satz in die noch vorläufige Geschäftsordnung einfließen: "Stehen Rechte nach dieser Geschäftsordnung zwei Fraktionen gemeinsam zu, können diese nur geltend gemacht werden, wenn deren Mitglieder verschiedenen Parteien angehören." Ähnlich soll nach einem gemeinsamen Gesetzentwurf von Grünen, CDU, SPD und FDP auch das Untersuchungsausschussgesetz verändert werden. Für beides ist derzeit die einfache Mehrheit notwendig.

Wie könnte die AfD reagieren?

Sie hat bereits angekündigt, dass sie eine Ablehnung ihres Antrages nicht hinnehmen wird. Der designierte AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen will den "berechtigten Anspruch" der Fraktionen gerichtlich durchsetzen. Die Adresse dafür wäre der Staatsgerichtshof, zumal sich die AfD auf die Landesverfassung beruft. AfD und ABW argumentieren, relevant sei, dass es zum Zeitpunkt des Antrags im Sommer zwei Fraktionen gab. Für die anderen Parteien zählt aber der Zeitpunkt der Entscheidung darüber. Drexler findet das Verhalten der AfD unlogisch: "Dann könnte die AfD schon jetzt die Fusion vollziehen - die AfD widerspricht mit ihrer Verzögerungstaktik der eigenen Rechtsauslegung."


Kontakt

Ihre Ansprechpartnerin in der Redaktion

Redaktionsassistentin Staatsanzeiger
Doris Kugel
Telefon: 07 11.6 66 01-290
E-Mail senden

Unser Team

Ihr Kontakt zu unseren Redakteurinnen und Redakteuren

Zum Team

Praktikums-Tagebuch

Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger. 

Zum aktuellen Tagebuch

Der Kommunal-Newsletter

Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den 
Kommunal-Newsletter.

Newsletter abonnieren