Sindelfingen. Mit knapper Mehrheit und nach intensiver Debatte haben sich die Südwest-Grünen gegen ein fixes Datum ausgesprochen, bis zu dem Baden-Württemberg „klimaneutral und fossilfrei“ werden muss.
Auf dem Jubiläumsparteitag am Sonntag in Sindelfingen stimmten 125 Delegierte dafür, sich dem 1,5-Grad Ziel des Pariser Klimavertrags zu verpflichten, und nur 99 Delegierte wollten dieses Ziel zudem mit dem Datum 2035 versehen. Vertreter der Fridays for Future-Bewegung, die die klimapolitischen Beratungen im Saal verfolgten, zeigten sich enttäuscht, denn die Grünen dürften „nicht schon bei der Formulierung eigener Ziele an den Koalitionspartner CDU denken“.
In einem zweiten großen Diskussionsblock befassten sich die Delegierten mit der Mobilitätswende. Der wiedergewählte Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand plädierte dafür, das Konzept von Verkehrsminister Winfried Hermann zu unterstützen. Darin sei unter anderem festgeschrieben, dass im Jahr 2030 mindestens jeder Dritte der dann noch sechs Millionen Pkw klimaneutral unterwegs ist, dass jede dritte Tonne Güterverkehr klimaneutral transportiert wird und 50 Prozent aller Wege per Rad, per Tretroller oder zu Fuß zurückgelegt werden.
Mehrere Kreisverbände verlangten allerdings die Festschreibung klarer Prozentsätze zur Reduktion des Individualverkehrs. Beschlossen wurde schlussendlich, dass der Verkehr bis 2030 um ein Drittel verringert werden muss und in den Städten sogar um 50 Prozent.
Frank Mastiaux, der EnBW-Vorstandsvorsitzende und einer der Hauptredner bei Tagesordnungspunkt Klimawandel, hatte zuvor eine deutliche Grundsatzbotschaft formuliert: Die Grünen müssten die Wirtschaft stärker in die Pflicht zu nehmen und der Bevölkerung mehr Enthusiasmus vermitteln. Noch nie sei der Handlungsdruck so groß gewesen, sagte Mastiaux. Zugleich bekomme die Partei „kraftvollen Rückenwind von der Jugend, die mit allem Recht der Welt eine neue Herangehensweise fordert“ und diesen Rückenwind müssten die Grünen im vierzigsten Jahr ihrer Geschichte nutzen.
„Sie stehen für den Willen und die Fähigkeit zur Veränderung“, sagte der Chef des drittgrößten deutschen Energieversorgers, der den Klimakompromiss der Bundesregierung als zu zögerlich kritisierte. In Deutschland sei „der Sinn für die Verbindlichkeit klarer Einsparvorgaben ein Stück weit verloren gegangen“. Als Beispiel nannte er die Ziele für den CO2-Ausstoß für 2020, die verfehlt würden. Einzelne blockierten „wirkmächtig das Gemeinwohl“. Auch deshalb laste auf den Schulter der Grünen viel Verantwortung.
Umweltminister Franz Untersteller verwies in seiner Replik auf die Verhinderung notwendiger Maßnahmen durch die CDU, etwa einer Bundesratsinitiative zum Ausbau der Erneuerbaren Energien: „Wir haben aber keine Zeit mehr für solche Spielchen.“
Ministerpräsident Winfried Kretschmann wiederum bekannte, dass die Fridays for Future-Bewegung sein Vorgehen in der Klimadebatte beeinflusst habe, weil ihm durch die Beschäftigung mit den Protesten noch deutlicher geworden sei, „wie wichtig klarer ordnungspolitisch Vorgaben sind, um die Klimaziele zu erreichen“.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den
Kommunal-Newsletter.