Debatte um Sterbehilfe und Bildungspolitik beschäftigen FDP

05.01.2015 
Redaktion
 

STUTTGART. Sowohl bundes- also auch landespolitische Themen wurden beim FDP-Landesparteitag in Stuttgart von den Delegierten diskutiert. Zudem stand eine Wahl zum stellvertretenden Landesvorsitzenden an. Mit einer Resolution distanzierten sich die Liberalen von der Pegida-Bewegung.

Ein Bekenntnis für ein weltoffenes und tolerantes Baden-Württemberg haben die Delegierten des FDP-Landesparteitags mit der Verabschiedung einer entsprechenden Resolution abgelegt. Die Entschließung war vom Landesvorstand vorgelegt worden. Darin heißt es unter anderem: „Wir lehnen eine Profilierung auf dem Rücken hilfsbedürftiger Flüchtlinge oder bestimmter Religionen durch extreme politische Kräfte ab.“ Die Resolution ist als klare Abgrenzung der Liberalen zu den entsprechenden Positionen der Pegida-Bewegung zu sehen, wie der Landesvorsitzende Michael Theurer sagte, der bei den Delegierten für die Verabschiedung der Resolution warb. Ein Änderungsantrag aus dem Plenum zu dieser Resolution, nach dem von Flüchtlingen erwartet werden könne, dass sie sich in die Gesellschaft einfügen, wurde dagegen mit überwiegender Mehrheit und auf Vorschlag des Landesvorsitzenden abgelehnt. Theurer bedankte sich anschließend bei den Parteimitgliedern. „Eines sollte klar sein: Die FDP bleibt die Partei der Freiheit, Demokratie und Menschenrechte“, sagte er.

Kober neuer stellvertretender Landesvorsitzender

Nach dem Ausscheiden von Patrick Meinhardt aus dem Landesvorstand hatte der Landesparteitag über den frei gewordenen Posten eines stellvertretenden Landesvorsitzenden zu entscheiden. Vorgeschlagen beziehungsweise angetreten waren die Apothekerin und Kommunalpolitikerin Andrea Kanold aus Bad Dürrheim sowie der evangelische Pfarrer und ehemalige Bundestagsabgeordnete Pascal Kober aus Reutlingen. Während Kanold, die zugleich ankündigte, bei der Landtagswahl 2016 kandidieren zu wollen, auf ihre kommunalpolitische Erfolge verwies und dafür plädierte, kompetente Frauen in der FDP zu stärken, trat Kober ausdrücklich Hinweis auf seine sozialpolitische Kompetenz an und kündigte an, der FDP auch auf diesem Feld eine Stimme geben zu wollen. Die Delegierten entschieden sich mit 61,42 Prozent deutlich für Pascal Kober, der somit künftig als stellvertretender Landesvorsitzender im Landesvorstand tätig sein wird.

Aussprache zu fünf Anträgen

Unter der Fülle der zum Landesparteitag vorgelegten Anträge wählten die Delegierten zur Aussprache fünf Anträge aus. Im ersten Komplex wurden die „Selbstbestimmung am Ende des Lebens“ sowie „Die Würde des Menschen in Grenzsituationen des Lebens“ diskutiert. Beide beschäftigten sich in weiterem Sinne mit dem Komplex der Strafbarkeit beziehungsweise Straffreiheit der Sterbehilfe und dem Recht auf Selbstbestimmung über die Beendigung des eigenen Lebens. Die Beihilfe zum Suizid solle auch in Zukunft straffrei bleiben, zudem sollten Ärzte unter bestimmten Vorgaben bei Suizid helfen dürfen, ohne befürchten zu müssen, ihre Approbation zu verlieren. Beide Anträge wurden vom Parteitag beschlossen, zudem soll die Diskussion auf Bundesebene in diesem Sinn vorangetrieben werden.

Auch der „Schulfrieden“ beschäftigte die Liberalen. Kern des Antrags „Schulfrieden durch Schulvielfalt“ ist die Forderung an die Politik, die „Schulen in die Freiheit“ zu entlassen und den Schulen in kommunaler Trägerschaft Schritt für Schritt mehr Freiheiten und Entscheidungsmöglichkeiten über den eigenen Weg zu geben. Jede Schule solle mit Lehrern und Eltern gemeinsam ihre eigenen pädagogischen Wege gehen und sich weiterentwickeln können. Der vom Landesfachausschuss Bildung und Wissenschaft vorgelegte Antrag wurde vom Parteitag beschlossen. Zudem wurde die FDP-Landtagsfraktion aufgefordert, sich auch künftig im Gespräch mit den anderen Landtagsfraktionen für einen stabilen Schulfrieden einzusetzen.

Kür des Spitzenkandidaten durch Mitgliederentscheid

Einstimmig angenommen wurde zudem der Antrag, den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2016 per Mitgliederentscheid zu küren – ein Novum bei der FDP. Zudem soll auch zur Position des Landesvorsitzenden eine Mitgliederbefragung stattfinden.

Um den Landärztemangel zu bekämpfen und die ambulante Versorgung im ländlichen Raum zu stärken, will die FDP künftig die Bedarfsplanung für ärztliche Praxen aufheben und Niederlassungsfreiheit schaffen. Zudem sollen die Zulassungsvoraussetzungen zum Medizinstudium vereinfacht werden und die Ausbildung selbst stärker am ambulanten Bedarf ausgerichtet werden. Auch die Transparenz bei der Qualität ärztlicher Leistungen wollen die Liberalen verbessern. Auch dieser Antrag wurde ohne Änderungen vom Parteitag beschlossen.

Als erster reiner Mitgliederantrag in der Parteitagsgeschichte der FDP wurde schließlich das Thema Teilhabe von Migranten unter dem Titel „Nicht die Herkunft ist entscheidend, sondern das Ziel – Chancen ermöglichen“ diskutiert. Der von Landesvorstandsmitglied Hosam en Miniawy mit angestoßene Antrag formuliert in zehn Punkten praktische Maßnahmen, um Mitbürger mit Migrationshintergrund, Einwanderern und Asylsuchenden Chancen zur Emanzipation zu geben. An erster Stelle steht dabei der Spracherwerb. Auch dieser Antrag wurde einstimmig von den Delegierten beschlossen.


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