Meisterprämie kann rückwirkend zum 1. Januar beantragt werden

17.04.2020 
Redaktion
 
Foto: dpa-Zentralbild

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STUTTGART. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) will mit einer Meisterprämie dem Fachkräftemangel im Handwerk entgegenwirken. Zugleich will sie ein Zeichen dafür setzen, dass die akademische und die berufliche Bildung gleichwertig sind.  „Alle Absolventinnen und Absolventen einer Meisterprüfung seit dem 1. Januar 2020 erhalten eine Prämie von 1500 Euro“, sagt die Ministerin.  Anträge können die erfolgreichen Absolventen ab Mai bei den Handwerkskammern stellen. Das Land stellt dafür rund 5,5 Millionen Euro bereit.

Der Baden-Württembergische Handwerkstag geht derzeit von rund 10 000 zu besetzenden Lehrstellen und rund 40 000 fehlenden Fachkräften aus. Diese sind auch eine wichtige Voraussetzung für die anstehende digitale Transformation im Handwerk. Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren bei rund 20 000 Betrieben die Betriebsübernahme ansteht. Diese sei bei vielen gefährdet.

Dem will Hoffmeister-Kraut nun mit der Meisterprämie entgegenwirken. Denn die Meisterprüfung ist oft auch die Grundlage zur Übernahme und Führung eines Betriebs. Auch 95 Prozent der Lehrlinge im Handwerk werden in Meisterbetrieben oder in Betrieben mit gleichwertig qualifizierten Betriebsleitern ausgebildet, wie der Präsident des baden-württembergischen Handwerkstags,  Rainer Reichhold, erläutert.

Förderlücke soll ausgeglichen werden

Zudem bestehen Meisterbetriebe laut Reichhold  länger am Markt als Betriebe ohne Meister. Während im vergangenen Jahr nur rund sechs Prozent Schließungen bei zulassungspflichtigen Betrieben zu verzeichnen waren, galt dies für jeden siebten zulassungsfreien Betrieb.

Mit der Meisterprämie soll auch die Förderlücke zwischen den anfallenden Fortbildungskosten und den Unterstützungsleistungen aus dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ausgegleichen werden. Denn während Studierende keine Studiengebühren zahlen müssen, werden für die Meistervorbereitungskurse und die Meisterprüfung in der Regel Gebühren erhoben. Auch können je nach Beruf auch hohe Materialosten für ein Meisterstück anfallen. Insgesamt kann eine Meisterausbildung bis zu 10 000 Euro kosten. Der Durchschnitt liegt laut Reichhold bei rund 6000 Euro. Im vergangenen Jahr haben 3139 Menschen im Handwerk im Südwesten die Meisterprüfung bestanden. Darunter auch 280 im zulassungsfreien Gewerbe, in dem es keine Meisterpflicht gibt.

Meistergründungsprämie soll im dritten Quartal des Jahres starten

Eine Meisterprämie gibt es auch bereits in einer Reihe von anderen Bundesländer , allerdings ist die Ausgestaltung  unterschiedlich. Die Spanne liegt zwischen 1000 und 4000 Euro, so die Wirtschaftsministerin. Der Bundesdurchschnitt liege wie in Baden-Württemberg bei 1500 Euro.

In vier Bundesländern gebe es zudem auch eine Existenzgründungsprämie, sagt Hoffmeister-Kraut. Auch Baden-Württemberg will zusätzlich eine Million Euro für eine Meistergründungsprämie bereitstellen. Diese soll voraussichtlich im dritten Quartal dieses Jahres starten. Derzeit werde gemeinsam mit der L-Bank am Konzept für die Umsetzung gearbeitet. Diese Meistergründungsprämie sollen Meister erhalten, die entweder einen neuen Betrieb gründen oder einen Betrieb übernehmen.

Zustimmung zur Meisterprämie von Landtagsfraktionen

Zustimmung zur Meisterprämie kam auch von verschiedenen Landtagsfraktionen. „Das ist ein deutliches Zeichen der Wertschätzung für das Modell ‚Karriere durch Lehre‘“, sagte Thomas Dörflinger (CDU). Auch Stefan Fulst-Blei (SPD) gegrüßt den Start: „Ich bin sicher, dass die Meisterprämie ein Beitrag dazu sein wird, die duale Ausbildung zu stärken und aufzuzeigen, dass akademische und berufliche Bildung gleichwertig sind. Insbesondere das Handwerk in Baden-Württemberg ist darauf angewiesen, ausreichend Fachkräfte zu gewinnen“, sagt er. Er beklagte allerdings, dass es lange gedauert habe, bis dieses Prämie nun auch umgesetzt werde.

Für die FDP hingegen ist die Meisterprämie im Handwerk nur der erste Schritt. „Wir fordern nun schnellstmöglich eine Ausweitung auf alle Meisterabschlüsse, auch die von Industrie- und Handelskammern. Ansonsten haben wir eine klare Ungleichbehandlung bei Meisterabschlüssen. Die Regierung darf hier nicht auf halber Strecke stehen bleiben“, sagt der FDP-Abgeordnete Erik Schweickert. 

Industrie- und Handelskammer enttäuscht

Damit unterstützt Schweickert auch die Forderung des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags. „Wir freuen uns für das Handwerk, dass es gelungen ist, mit der Meisterprämie ein Zeichen für die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung zu setzen“, sagt Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der IHK Reutlingen, in seiner Eigenschaft als Koordinator für Fragen der beruflichen Weiterbildung im Land. „Dennoch können wir nicht nachvollziehen, warum die Landesregierung nicht alle vergleichbaren Meisterabschlüsse mit einer Prämie honoriert”, so Epp weiter.

Die IHK könne niemandem vermitteln, warum ein Bäckermeister eine Prämie von 1500 Euro bekommt, eine Küchenmeisterin aber zum Beispiel nicht. Die IHKs im Land hatten auch für ihre Abschlüsse, wie Industriemeister, Logistikmeister oder Fachwirte, einen entsprechenden Aufstiegsbonus gefordert. Auch für diese Absolventen ergebe sich eine Förderlücke zwischen den anfallenden Fortbildungskosten und den Unterstützungsleistungen, die das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz bietet. In anderen Bundesländern, wie Bayern, Hessen oder Rheinland-Pfalz, erhalten alle Absolventen der Höheren Berufsbildung nach erfolgreichem Abschluss eine finanzielle Anerkennung, so Epp.


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