Stuttgart. Die Landesregierung hat die Novellierung des Landes-gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (LGVFG) an diesem Dienstag zur Verbändeanhörung freigegeben. Mit der Gesetzesänderung werden neue Fördermöglichkeiten für kommunale Verkehrsprojekte geschaffen. Als „wichtige Grundlage für die nachhaltige Verkehrswende“, soll es an neue, moderne Anforderungen angepasst werden, erklärt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Neu ist, dass künftig Barrierefreiheit, etwa von Haltestellen, gefördert werden kann. Außerdem gibt es Zuschüsse für unterschiedlichste Busse im öffentlichen Nahverkehr, bis hin zu Klein- und Bürgerbussen. Einzige Voraussetzung ist, dass die Fahrzeuge für den Linienverkehr nach dem Personenbeförderungsgesetz geeignet sein müssen. Auch die Vernetzung von verschiedenen Verkehrsträgern ist künftig förderfähig. Auch beim Lärmschutz soll es Verbesserungen geben. Vorkehrungen gegen Lärm müssen nicht mehr nur auf innerörtliche Straßen beschränkt sein.
„Die Förderung von Radwegen wird auch auf Abstellanlagen für Fahrräder und auf Fußgängerbrücken ausgedehnt“, so Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Die Fußgängerinfrastruktur sei künftig ein eigenständiger Fördertatbestand. Ebenfalls in die Regelförderung aufgenommen werden Fördertatbestände, wie elektronische Fahrscheine in Bussen oder Echtzeit- und Anschlusssicherungssysteme. Kommunen können für Projekte bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten erstattet bekommen.
Die Mittel für das LGVFG stammen aus Entflechtungsmitteln des Bundes. Diese laufen nach derzeitigem Stand 2019 aus. Baden-Württemberg erhält derzeit jährlich 165,5 Millionen Euro.
Das Landesgemeindeverkehrs-finanzierungsgesetz (LGVFG) fördert Infrastrukturvorhaben mit zuwendungsfähigen Kosten unter 50 Millionen Euro. Dafür erhält das Land vom Bund nach dem sogenannten Entflechtungsgesetz bis zum Jahr 2019 jährlich Kompensationszahlungen von rund 165,5 Millionen Euro. Unter der früheren Landesregierung flossen 60 Prozent (rund 100 Millionen Euro) in den kommunalen Straßenbau, seit 2014 gehen 60 Prozent an den öffentlichen Nahverkehr und den Radverkehr. Zum 1. Januar 2014 wurden die Fördersätze von 75 auf 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten gesenkt und als Festbetrag festgeschrieben. Zudem müssen alle geförderten Projekte auch binnen eines Jahres begonnen werden.
Der Städtetag geht mit der Ausweitung des LGVFG hingegen nicht konform. „Ein solcher Schritt würde die Zahl der förderfähigen Projekte atomisieren und deutlich zu Lasten der großen und verkehrlich wichtigen Vorhaben der Kommunen gehen“, sagt Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführerin des Städtetags Baden-Württemberg. „Wir halten den Ansatz, möglichst viele kleine Projekte ohne verstärkte Mittelbereitstellung zu fördern, für nicht zielführend.“ Bereits jetzt sei die Verkehrsinfrastruktur deutlich unterfinanziert, wie der Städtetag anmahnt. Er sieht bedeutende Projekte gefährdet, da die LGVFG-Mittel zum Jahr 2019 auslaufen. „Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zwar zu verlässlichen Anschlussfinanzierung verpflichtet. Die konkrete Ausgestaltung einer Nachfolgeregelung ist in beiden Fällen aber bisher nicht in Sicht“, sagt Heute-Bluhm.
Das sieht auch Verkehrsminister Hermann so und merkt an: „Die Novellierung ist aktuell noch eine Reform auf Zeit, da bisher keine Folgeregelung von der Bundesregierung getroffen wurde, wie es nach 2019 weitergehen wird.“ Das blockiere auch die Planung für weitere Projekte. Er hofft auf eine Entscheidung bis zum Sommer. In der kommenden Verkehrsministerkonferenz in Rostock wolle er noch mal auf eine Entscheidung drängen.
Jochen Haußmann, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, ist mit der Novellierung des Gesetzes nicht einverstanden: „Mit diesem Klein-Klein verzettelt sich das Land völlig. Diese Rechnung mit zahlreichen neuen Fördertatbeständen kann seriös nicht beglichen werden. Da nützen auch die Tricksereien der Vergangenheit nicht, bei denen die Förderquote von 75 auf 50 Prozent abgesenkt wurde.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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