Stuttgart. In der jetzt beginnenden Sommerpause plant Innenminister Reinhold Gall (SPD) ein Spitzengespräch mit den drei Fußballverbänden in Baden-Württemberg, um wirksame Maßnahmen gegen die Gewalt in Fußballstadien zu erörtern. Dies kündigte Gall in der aktuellen Debatte des Landtags an diesem Donnerstag an.
Politik und Sportverbände seien sich einige, dass in Sachen Gewalt in den Fußballstadien Handlungsbedarf besteht, sagte der Innenminister. „Die Sicherheitsfrage im Fußball bleibt eine Daueraufgabe“, betonte Gall und fügte hinzu: „Der Saisonverlauf macht uns Sorge, wir stehen bei diesem Thema auf einem Abstiegsplatz. In der Sache stehen wir da, wo wir 2008/2009 standen.“
Nach Galls Angaben stieg in der vergangenen Spielzeit die Zahl der verletzten Menschen von 64 auf über 200; auch 61 Polizisten wurden bei Einsätzen verletzt. Die Zahl der Straftaten nahm von rund 400 auf mehr als 500 zu. Gall berichtete von 1400 gewaltbereiten Fans in Baden-Württemberg; bundesweit sind es 15 000. Um die Dimension zu verdeutlichen, erklärte der Minister, dass allein beim Zweitliga-Spiel Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt 1600 Polizisten eingesetzt wurden. Für Gall ist klar, dass der Kampf gegen die Gewalt in Fußballstadien nicht allein von Baden-Württemberg gewonnen werden kann: „Wir brauchen bundesweite Verhaltensregeln und ein bundesweit einheitliches Vorgehen bei Gewalt.“
Sprecher aller Fraktionen waren sich einig darüber, dass die Gewalt und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in Stadien nicht hinnehmbar ist. Nikolaos Sakellariou (SPD) sagte, trotz des vor zwei Jahren eingerichteten Runden Tisches des Bundesinnenministers und eines Zehn-Punkte-Planes sei es nicht gelungen, die Gewalt einzudämmen. „Diese nimmt zu statt ab“, berichtete der SPD-Abgeordnete. Aus Sicht von Sakellariou macht es Hoffnung, dass die richtigen Fußballfans inzwischen die Auswüchse nicht mehr hinnehmen und ihren Unmut gegen Ultras und andere Gewaltstifter äußern.
„Hass und Gewalt haben im Stadion nichts zu suchen“, erklärte Matthias Pröfrock (CDU). In diesem Zusammenhang kritisierte er ausdrücklich die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger für ihre Aussage, sie „hasse Bayern München“. Wenn ein 13-Jähriger dies sage, sei dies vielleicht hinnehmbar, nicht aber von einer Bundestagsabgeordneten und Parteichefin. Homburger habe wohl einen Lattenschuss, folgerte Pröfrock. In den Applaus von Grünen, SPD und CDU mischte sich selbst Beifall des FDP-Abgeordneten Friedrich Bullinger. Pröfrock forderte „Null-Toleranz bei Taten“ und den Vereinen sollten in Sachen Stadionverbote die „Daumenschrauben angezogen“ werden.
Angesichts der Vorfälle in den Stadien von Karlsruhe und Düsseldorf sagte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne), die Gewalt sei kein neues Phänomen und bis in die unteren Ligen die Regel geworden. „Deshalb brauchen wir ein richtiges Verhältnis von Polizeipräsenz und Zusammenarbeit mit Fankulturen.“ Die Polizei allein aber könne das Problem nicht lösen. Ulrich Goll (FDP) forderte ein härteres Durchgreifen der Polizei und nannte das Vorgehen in Stuttgart als Vorbild: „Dort wird konsequenter vorgegangen als anderswo.“ Wenn die Leute wüssten, dass sie Ärger bekommen, seien sie vorsichtiger. Aus Golls Sicht ist das Problem „in den Griff zu kriegen“. Punktabzug sei jedoch ein untaugliches Mittel, dafür müssten Fan-Betreuung und Fan-Projekte ausgebaut und mit polizeilichem Handeln koordiniert werden.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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