NSU-Untersuchungsausschuss legt Abschlussbericht vor

15.01.2016 
Redaktion
 
Ausschussvorsitzender Wolfgang Drexler legt den Abschlussbericht des NSU-Ausschusses vor. Foto: dpa

Ausschussvorsitzender Wolfgang Drexler legt den Abschlussbericht des NSU-Ausschusses vor. Foto: dpa

Stuttgart. Grüne, SPD, CDU und FDP haben zum Abschluss des NSU-Untersuchungsausschusses Gemeinsamkeiten in den Vordergrund gerückt. Dazu mussten alle Beteiligten Kompromisse eingehen, vor allem die Grünen bei ihrer Beurteilung des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg. Grundsätzlich wird in dem tausendseitigen Bericht die offizielle Version gestützt, die getötete Polizistin Michèle Kiesewetter und ihr Kollege Martin Arnold seien in Heilbronn Zufallsopfer des „Nationalsozialistischen Untergrund“ geworden.

Nach 39 Sitzungen und der Vernehmung von mehr als 150 Zeugen stellt der Landtagsausschuss den Sicherheitsbehörden in Land und Bund insgesamt ein ordentliches Zeugnis aus. Kritik an Polizei oder Verfassungsschutz ist eher indirekt vor allem aus den Handlungsempfehlungen der Abgeordneten herauszulesen. „Die laufende Qualitätssicherung muss mit geeigneten Instrumenten sichergestellt werden“, heißt es unter anderem. Die „Fehlerkultur" müsse gestärkt und der „Bagatellisierung niedrigschwelliger politisch motivierter Kriminalität oder extremistischer Bestrebungen innerhalb der Polizei entschieden entgegengetreten werden“. Insgesamt werden aber kaum Fehler und Versäumnisse gesehen.

In einem der zentralen Komplexe der Arbeit kommen die Parlamentarier sogar zu einem sehr eindeutigen Ergebnis: Es gebe keine Zweifel mehr, dass die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Bluttat in Heilbronn begingen. Dutzende Indizien für diese Einschätzung werden aufgelistet. Zugleich stellt der Bericht fest, dass die Tat nicht der jungen Beamtin aus Thüringen persönlich gegolten habe. Ex-Justizminister Ulrich Goll erläuterte als FDP-Obmann die Herangehensweise des Ausschusses: Auch ein Gericht müsse nicht alles hundertprozentig beweisen, sondern „es dürfen keine vernünftigen Zweifel bleiben“. Bei Anlegung dieses Maßstabs sei der Komplex Kiesewetter, aber auch der Fall Florian Heilig aufgeklärt.

Empfohlen wird unter anderem auch eine Neufassung des Untersuchungsausschussgesetzes, um die parlamentarischen Möglichkeiten zu stärken. Vor allem Grüne und FDP kamen hier den anderen Fraktionen entgegen, indem sie einem Prüfauftrag zum Thema Vorratsdatenspeicherung zustimmten, obwohl sie sie prinzipiell ablehnen. Zudem sprechen sich die Grünen gemeinsam mit SPD, CDU und FDP für eine Stärkung des Landesamts für Verfassungsschutz aus.

Im Sommer 2013 hatte Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann in einem Interview laut über die Einsparungsmöglichkeiten im Landesamt für Verfassungsschutz nachgedacht: „Beim Personal sind 30 bis 50 Prozent an Stelleneinsparung drin.“ Diese Debatte hält Grünen-Obmann Jürgen Filius jetzt für beendet. Vielmehr haben alle vier Fraktionen einen Bestandsschutz beim Verfassungsschutz vorgeschlagen und einen breiteren Austausch mit der Polizei. Die Haltung der FDP zur Vorratsdatenspeicherung nannte Goll als Beispiel für „eine Passage, über die wir länger diskutiert haben“. Goll war damit einverstanden, dass jetzt „untersucht wird: Brauchen wir das eigentlich?". Danach solle abgewogen werden zwischen der Größe des Eingriffs und der Größe des Nutzens.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) unterstrich bei der Präsentation des Abschlussberichts die große Bereitschaft aller Fraktionen, die mehr als einjährige Arbeit des Gremiums mit einem von allen getragenen gemeinsamen Bericht zu beenden. Es habe keine „parteipolitische Spielchen“ gegeben, „keine Seite hat versucht, der anderen eins reinzudrücken".


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