"Das Fundament ist da. Darauf können wir nun aufbauen"

08.11.2016 
Redaktion
 
Interview
Foto: HVF Ludwigsburg

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Wolfgang Ernst ist seit einigen Monaten Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Er legt großen Wert auf direkte Kommunikation. Im zweiten Teil des Interviews spricht er über seine Ziele und darüber, wie die Verwaltung als Arbeitgeber attraktiver werden kann.

Staatsanzeiger: Sie sehen auch großes Potenzial in Sachen Weiterbildung der Verwaltungsbeamten. Inwiefern?

Wolfgang Ernst: Wir bilden die Studierenden ja nur für drei, in Ausnahmefällen vier Jahre aus. Wenn sie einen normalen Durchlauf haben, sind sie nach drei Jahren fertig. Mit diesem Wissen gehen sie in die Praxis. Uns ist klar, dass heutzutage das Wissen schnell überholt ist. Sei es in der Technik oder auch bei Rechtsvorschriften. Da sehe ich einen Anknüpfungspunkt. Wir müssen es schaffen, die Studierenden und Absolventen so an uns zu binden, dass sie nach einigen Jahren wiederkommen und ein Weiterbildungsstudium machen. Das könnte ein Vollzeitstudium für ein Jahr sein - was aber durch das Beamtentum schwer werden dürfte. Es wird also wahrscheinlich ein berufsbegleitendes Studium, ein Weiterbildungsangebot sein.

Wie soll das Angebot aussehen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Das Angebot muss an die Zielgruppe angepasst sein. Das heißt, wenn unsere Studierenden uns verlassen, dann sind sie Anfang/Mitte 20 Jahre alt. In zehn Jahren sind sie Anfang/Mitte 30. Dann ist die familiäre Situation häufig so, dass sie einen Partner und vielleicht auch Kinder haben. Dann haben sie nicht viel Zeit und Kraft für ein zusätzliches Studium. Entsprechend gilt es Angebote zu erstellen, die auf diese Situation eingehen. Es funktioniert dann nicht, dass Mutter oder Vater das komplette Wochenende weg ist. Also muss man in kleineren Schritten gehen, sodass wir eine größere zeitliche Streckung haben - um eben die Work-Life-Balance zu erhalten. Daran müssen wir noch arbeiten. Ideen haben wir viele.

Also in der Entstehungsphase...

Wie gesagt. Wir haben Satzungen verabschiedet. Das Fundament ist da. Darauf können wir nun aufbauen. Das ist mir sehr wichtig. Das dauert sicher auch. Es müssen ja auch Inhalte erarbeitet werden, es kann uns heute auch niemand sagen, wie die Inhalte in zehn Jahren aussehen werden. Wir müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, um solche Weiterbildungsangebote auch tatsächlich anbieten zu können.

Welche Ziele haben Sie außerdem?

Die Art und Weise, wie wir in der Hochschule miteinander umgehen, das ist ein ganz wichtiges Thema. Das ging in den letzten Jahren nicht gut. Da haben wir jetzt eine andere Ebene und es ist wichtig, dass wir das auch weiter so betreiben. Das Thema Internationalisierung ist mir wichtig. Wir haben Partner. Da bin ich allerdings ein bisschen vorsichtig und sage: wir dürfen nicht glauben, dass wir in zahlreichen Ländern Partnerschaften aufbauen können, sondern wir müssen zielgerichtet vorgehen. Wir haben in den letzten Wochen schon an einer Strategie gearbeitet, wo wir Schwerpunkte sehen, was wir vorrangig bearbeiten und was vielleicht auch gar nicht so interessant für uns ist. Wichtig ist an der Stelle auch, dass unsere Kunden, sprich die Studierenden, eine Internationalisierung wollen. Zudem sind wir als interne Hochschule in der Gestaltung unserer Studienpläne nicht völlig frei, sondern an die Vorgaben der Ministerien gebunden.

Was raten Sie, als Wirtschaftsingenieur der Verwaltung, der es an Ingenieuren in allen Bereichen mangelt?

Die Verwaltung muss insgesamt attraktiver werden. Nicht nur die Gemeindeverwaltung, sondern auch die Steuerverwaltung, also die Finanzverwaltung. Behörden müssen sich überlegen, wie sie diese Attraktivität hingekommen. Finanziell dürfte das nicht funktionieren. Das Finanzielle ist nicht das Wesentliche. Es gibt andere Vorteile in der Verwaltung, die es außerhalb der Verwaltung so nicht gibt. Relativ weit ist man im Bereich der Digitalisierung, das heißt, man kann teilweise schon von zuhause arbeiten. Das machen Firmen auch so. Aber ein großer Vorteil der Verwaltung ist, dass es viele Teilzeitangebote gibt. Man kann relativ stark auf die Situation des Einzelnen eingehen. Darüber kann man Attraktivität erreichen. Das finanziell nicht viel drin ist, wenn wir von Nullverschuldung reden, das ist mir klar. Da kann ich nicht gestalten. Interessant ist auch, dass wir unter der Studierenden sehr viele Frauen haben, wenn Sie jetzt aber die Führungspositionen der Gemeinden und Finanzämter betrachten, dann sind Frauen dort kaum repräsentiert. Keiner unserer Studiengänge hat einen Frauenanteil von unter 60 bis 70 Prozent, aber in den Dienststellen und vor allem in Führungspositionen ist die Zahl deutlich geringer. Oft unter 50 Prozent. Auch diesem Thema möchte ich mich widmen. Vor allem den Wiedereinstieg nach der Elternzeit sollte man in den Blick nehmen.


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