STUTTGART. „Es sind alle betroffen, sowohl Unternehmen als auch Behörden“, sagt Stefan Brink, der Datenschutzbeauftragter von Baden-Württemberg. „Die meisten, die eine Website betreiben zum Beispiel, sagt der Datenschützer. Viele nutzen etwa Google Analytics, ein Werkzeug, um herauszubekommen, welche Internet-Seiten vom wem und wie besucht werden. „Auch hier werden Daten von Europa in die USA verbracht“, warnt Brink. „Das ist ein Datentransfer, den der EuGH untersagt hat.“
Selbst weit verbreitete Programme wie die Textverarbeitung Word und die Tabellenkalkulation Excel von Microsoft sind problematisch. Sie laufen heute oft nicht mehr auf dem Desktop, sondern die Nutzer arbeiten damit über die Cloud. Und seit Beginn der Pandemie hat sich die Abhängigkeit von den US-Techkonzernen noch weiter verstärkt. Schließlich bieten sie auch leistungsstarke Homeoffice-Lösungen und Telekonferenzsysteme an.
Datenschützer in Baden-Württemberg warnen, dass die Daten in der Cloud nicht ausreichend geschützt seien. „Die Zusammenarbeit mit US-Cloud-Diensten ist heikel, da die Geheimdienste der Vereinigten Staaten weitgehenden Zugriff auf die bei US-Unternehmen gespeicherten Daten haben“, erklärt Brink. Das habe der Europäische Gerichtshof im Juli mit einem Urteil deutlich gemacht.
Gegen deutsche Firmen, die diese Dienste dennoch einsetzen, sind Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro möglich. „Wir gehen dem nach und beteiligen uns auch an länderübergreifenden Prüfmaßnahmen", hat Brink angekündigt.
Das alarmiert die Wirtschaft im Südwesten. Beim Arbeitgeberverband Baden-Württemberg, der im Südwesten gut 40 Mitgliedsverbände repräsentiert, bangt man, dass die Schonfrist nun zu Ende ist. „Es ist für viele Unternehmen schwer auf andere Produkte umzusteigen“, gibt Verbandssprecher Volker Steinmaier zu bedenken.
Es fehlten oftmals gleichwertige Alternativen von europäischen Anbietern. Etwa, wenn man große Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern macht. „Oder, wenn ein Unternehmen Office 365 eingeführt hat und jetzt auf eine andere Software umsatteln will. Damit sind aufwendige IT-Umstellungen verbunden - das kann schon mal zwei Jahre dauern“, sagt er. Viele Firmen verkaufen zudem ihre Produkte und Leistungen über den Amazon Marketplace. „Die Marktmacht der US-Konzerne ist hier einfach enorm“, sagt Steinmaier.
Was ist jetzt zu tun? Juliane Gengenbach, Juristin und Datenschutzbeauftragte bei Südwestmetall, rät, sich an das zu halten, was der EuGH vorgegeben hat. „Unternehmen sollten prüfen, ob sie ein US-Produkt nicht durch eine europäische Alternative ersetzen können. Hierfür besteht eine wiederkehrende Prüfpflicht. Das Bußgeldrisiko ist real“, warnt sie.
Eine detaillierte Orientierungshilfe, was Behörden und Unternehmen jetzt tun sollten, gibt es vom Landesdatenschutzbeauftragten des Landes.
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Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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