Finanzmarktexperten: Bürokratie ist größte Hürde für Investitionen

16.12.2019 
Redaktion
 
Aus Sicht von Finanzmarktexperten bremsen Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft Investitionen aus. Foto:leja

Aus Sicht von Finanzmarktexperten bremsen Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft Investitionen aus. Foto:leja

STUTTGART. Der neue Parteivorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, stellt nicht nur die Schwarze Null im Bundeshaushalt infrage, sondern will auch die Begrenzung neuer Schulden aufheben. Die Schuldenbremse müsse überwunden werden. Für Investitionen in die Zukunft etwa in Schulen und Straßen seien „Kredite die völlig angemessene Größe“, sagte er. Die Schuldenbremse begrenzt die Nettokreditaufnahme des Bundes auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. Sie ist im Grundgesetz verankert.

Finanzmarktexperten sehen dagegen in der Schuldenbremse nicht das maßgebliche Hindernis für höhere Investitionen. Vielmehr sei es die Bürokratie, die Infrastrukturvorhaben ausbremse. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage unter knapp 200 Finanzmarktexperten bundesweit, die das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim im Dezember 2019 durchgeführt hat.

Dem Staat mangelt es nicht an Geld für Investitionen

Aus der Perspektive der Experten aus Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen haben finanzielle Engpässe eine untergeordnete Bedeutung, um die öffentliche Investitionsschwäche in Deutschland zu erklären. „Die Experten glauben nicht, dass es dem Staat an Geld für Investitionen fehlt“, erläutert Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft. „Die aufgeregte Debatte um die angeblich wachstumsfeindliche Schuldenbremse geht aus ihrer Sicht am Thema vorbei.“ Die wirklichen Engpässe für den Ausbau der Infrastruktur liegen Heinemann zufolge in der Bürokratie.

Sie liegt mit weitem Abstand auf dem ersten Platz der Hindernisse, die die Experten benennen. Etwa die Hälfte der Befragten hält außerdem die Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft und politische Widerstände durch Betroffene für maßgeblich. Erst dann folgen solche Erklärungen, die auf finanzielle Engpässe hindeuten. Allerdings steht sogar hier weniger der Mangel an öffentlichen Finanzierungsmitteln im Fokus.

Konkurrenz durch Sozialleistungen und Personalausgaben

Fast niemand unter den Befragten ist der Auffassung, dass zu geringe Steuereinnahmen die Investitionsfähigkeit begrenzen würden. Als bedeutsameres Hindernis auf der Finanzierungsseite wird hingegen die Budgetkonkurrenz durch Sozialleistungen, Personalausgaben und andere nicht-investive Ausgaben wahrgenommen.

Unter den Umfrageteilnehmern besteht dagegen eine große Übereinstimmung darüber, die grundgesetzliche Schuldenbremse beizubehalten. Sollte sie Reformiert werden, plädiert eine Mehrheit der Befragten für eine stärkere Investitionsorientierung der Schuldenbremse.

„Eine Reform allein der Schuldenbremse in Richtung einer Investitionsklausel wäre ohne umfangreiche weitere Reformen der Investitionsbedingungen in Deutschland aber kaum erfolgversprechend“, sagt ZEW-Experte Heinemann.


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