Stuttgart. Der Fachkräftebedarf ist nach Ansicht von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) die zentrale wirtschaftliche Frage der nächsten Jahre. Bis 2030 werde die Zahl der Erwerbstätigen im Südwesten um 870 000 zurückgehen, sagte Schmid an diesem Mittwoch in der von der SPD beantragten aktuellen Debatte zum Fachkräftemangel Landtag.
Nach Angaben des Ministers fehlen im Land bereits 100 000 Techniker, 20 000 Ingenieure, 4000 Informatiker und 20 000 Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich. „Die Frage heisst deshalb: Bleibt Baden-Württemberg stark oder fallen wir zurück?“, betonte Schmid. Er sprach sich für eine Stärkung der dualen Ausbildung aus; auch die Aus- und Weiterbildung müsse forciert werden, um eine höhere Erwerbstätigkeit bei Älteren, Frauen und Zuwanderern zu erreichen. Dazu gehören für den Minister auch altersgerechte Arbeitsplätze.
Abgeordnete von Grünen und SPD hatten zuvor die Iniativen der Landesregierung gelobt. „Unserer Gesellschaft geht nicht die Arbeit aus, sondern die Arbeitskräfte“, sagte Hans-Peter Storz (SPD) mit Verweis auf 200 000 fehlenden Fachkräften in Baden-Württemberg. Deshalb habe der Kampf um Arbeitskräfte begonnen, vom Ausland aus, aber auch unter inländischen Unternehmen. Storz warnte davor, dass im Südwesten bald jeder zehnte Arbeitsplatz nicht mehr besetzt werden könne. „Deshalb ist ein abgestimmtes, koordiniertes Handeln notwendig“, sagte der SPD-Abgeordnete und begrüßte die von Grün-Rot gegründeten Regionale Allianzen für Fachkräfte mit den Schwerpunkten Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer, Kleinkindbetreuung und Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund.
Andrea Lindlohr (Grüne) wies auf das gestiegene Wettrennen um Fachkräfte vor allem in den Grenzregionen mit. Deshalb sei der Ausbau der Kinderbetreuung zur Vereinbarung von Kinder und Karriere für Frauen ein wichtiger Schritt: Die Kommunen seien mit diesem Schritt der Regierung bestens gesichert.
Für Reinhard Löffler (CDU) „verästelt“ sich die Regierung in Kleinigkeiten. Sie habe Dinge, die schon von der CDU/FDP geführten Landesregierung auf den Weg gebracht worden sind, einfach „umetikettiert“. Er sprach sich dafür aus, „die Ursachen zu beheben“. Löffler meinte damit das „überbordende Arbeitsrecht“ - „die Tarifverträge sind unflexibel“, „der Kündigungsschutz ist wie ein Mühlstein“, „Regelungen sind unflexibel“ und im Land gebe es „zu viele freigestellte Betriebsräte“.
Diese Aussagen wies Finanzminister Schmid energisch zurück: „Wir machen Wirtschaftspolitik nicht gegen die Gewerkschaften.»“ Auch dem Vorwurf Löfflers, freigestellte Betriebsräte seien unproduktiv, widersprach Schmid. Lindlohr bezeichnete die Aussagen des CDU-Abgeordneten als „Generalangriff auf das Betriebsverfassungsgesetz“.
Leopold Grimm (FDP) lobte Grün-Rot ausdrücklich für eine Reihe von Maßnahmen zur Behebung des Fachkräftemangels: „Die Regierung tut einiges.“ Aber die alte Landesregierung habe mit der Initiative, die heute eben Allianzen heißen, begonnen. Insofern habe sich die SPD mit dem Thema Fachkräftemangel, den es nach Meinung von Grimm schon lange gibt, „einen alten Hut aufgesetzt“. Der Liberale konnte sich einen polemischen Seitenhieb auf die Schulpolitik der Regierung nicht verkneifen: Echter Fachkräftemangel komme dann, wenn die Kinder das neue Schulsystem von Grün-Rot durchlaufen hätten.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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