Reutlingen. Die Grünen beschließen an diesem Wochenende ihr Wahlprogramm für die Landtagswahl im März. Zu dem Programmentwurf sind rund 400 Änderungsanträge eingegangen. Zuvor stimmte der Spitzenkandidat der Grünen, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, die Delegierten mit seiner Rede auf den Parteitag ein.
Kretschmann hob die Leistungen der grün-roten Landesregierung hervor: 3800 neue Stellen bei den Hochschulen, 1000 Euro jährliche Studiengebühren abgeschafft, 26 000 neue Kitaplätze geschaffen, fast 300 Gemeinschaftsschulen auf Wunsch der Kommunen eingerichtet, den Nationalpark geschaffen, 400 Windräder gebaut und im Genehmigungsverfahren, Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 gesenkt, Hürden für direkte Demokratie gesenkt, 45 000 Erstaufnahmeplätze für Flüchtlinge geschaffen.
„Das wir die bessere Bildungspolitik, die innovativere Wissenschaftspolitik, die konsequentere Energie- und Klimaschutzpolitik, die klügere Naturschutzpolitik, die mutigere Demokratiepolitik und die erfolgreichere Integrationspolitik als die Schwarzen machen, das ist zwar nicht selbstverständlich, aber das hat auch niemanden überrascht. Das haben die Menschen uns zugetraut, viele haben uns deswegen gewählt", so Kretschmann. Viele hätten Grün-Rot jedoch nicht zugetraut, dass „wir auch die erfolgreichere Wirtschaftspolitik, die solidere Finanzpolitik und die intelligentere Verkehrspolitik machen als die Schwarzen". Damit habe man viele positiv überrascht.
Die CDU sei am Ende ihrer Regierungszeit zu selbstzufrieden, zu wenig hungrig auf Zukunft gewesen und zu wenig in der Lage der komplexen Herausforderungen "unserer Zeit kraftvoll und mutig anzugehen", so Kretschmann. "Die CDU ist die alte Baden-Württemberg-Partei", sagt der Ministerpräsident. Sie habe große Verdienste um das Land, stecke aber immer noch zu sehr im Gestern fest, um die Zukunft gestalten zu können. Die Grünen hingegen seien "die neue Baden-Württemberg-Partei".
Kretschmann nennt Beispiele, was die Grünen in den kommenden fünf Jahren angehen wollen. Dazu gehört der Ausbau der Elektromobilität, erleichterte Unternehmensgründungen, ein Ausbau der Windenergie auf zehn Prozent, eine Mobilitätsgarantie, ein schnelles Internet, Förderung von Natur- und Artenschutz, ein zweisäuliges Bildungssystem mit einem starken Gymnasium und eine verbesserte Qualität bei der Kinderbetreuung und eine Förderung des Ehrenamts.
An die CDU gerichtet, sagte Kretschmann: "Der Wettstreit um die besseren Ideen für die nächsten fünf Jahre ist heute eröffnet." Die Menschen hätten am 13. März die Wahl: Sie könnten auf "Unklarheiten und Herumeiern, also auf die CDU" setzen oder "auf einen klaren Kurs mit Ecken und Kanten", so Kretschmann. Die CDU habe G8 eingeführt, wolle nun aber in Teilen zurück zum G9. Sie sei nun zwar auch für den Atomausstieg, habe jedoch kein Konzept für eine stabile Stromversorgung. "So kann man kein Industrieland regieren", so Kretschmann. Er warf der CDU auch vor, teure Wahlversprechen wie das Betreuungsgeld oder eine bessere Beamtenbesoldung zu machen, ohne zu erklären, wie diese finanziert werden sollen.
Zwei Drittel der Bürger im Land sind nach Umfragen der Ansicht, dass Grün-Rot dem Land gut tue, sagt Grünen-Landesvorsitzende Thekla Walker. Das sähen auch viele Anhänger von CDU und FDP so, stimmte Walker auf den Wahlkampf ein. Nach der jüngsten Umfrage liegen die grün-rote Regierung und die schwarz-gelbe Opposition nahezu gleichauf. Laut Infratest dimap erhalten Grüne (25 Prozent) und SPD (18 Prozent) zusammen 43 Prozent. CDU (37 Prozent) und FDP (5 Prozent) stehen bei 42 Prozent. Die Alternative für Deutschland (AfD) würde mit acht Prozent erstmals in den Landtag einziehen.
Die Freiburger Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae sagte: „Die Wahl, die vor uns steht, ist eine Wahl gegen die AfD. Ich möchte, dass wir sagen können: Uns ist es gelungen, die AfD klein zu halten.“ Sie forderte die CDU auf, klare Kante gegen die rechtskonservative Partei zu zeigen. Auch die Union müsse sich die Haltung zu eigen machen: „Keinen Meter für Rechtspopulisten.“
Für den Wahlkampf sehen die Grünen vier Schwerpunkt-Themenfelder. Erster Bereich ist eine innovative Wirtschaft. Dazu zählt die Digitalisierung der Wirtschaft, aber auch die ökologische Modernisierung
der Wirtschaft. Der zweite Themenbereich ist eine gesunde Natur, mit den Themenfeldern Umwelt, Luftreinhaltung und Energiepolitik. Dritter Bereich sind starke Familien. Dazu zählt etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Beruf und Pflege. Der vierte Punkt ist eine offene Bürgergesellschaft. Dazu zählt beispielsweise in Verbindung mit der Politik des Gehörtwerdens auch die Einführung eines Lobbyregisters für den Landtag. „Es sollte öffentlich einsehbar sein, wer vom Landtag mit seinen Interessen gehört werden will. Denn Transparenz schafft Vertrauen“, sagt Hildenbrand.
Der Naturschutzbund in Baden-Württemberg hat bereits im Vorfeld Kritik am Wahlprogramm geäußert. Die Aussagen zum Natur- und Umweltschutz müssten nachgeschärft werden. „Es gilt jetzt, sich nicht auf Lorbeeren auszuruhen, sondern konkreter darzustellen, welche ökologischen Großbaustellen in der kommenden Legislaturperiode angepackt werden sollen“, sagt der NABU-Landevorsitzende Andre Baumann. „Die ökologische Wende des Landes wurde begonnen, abgeschlossen ist sie noch lange nicht.“ Im Entwurf des Wahlprogramms fehlten konkrete und messbare Aussagen, wie die ökologische Wende in Baden-Württemberg fortgesetzt werde.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
Wissenswertes zu kommunalpolitischen Themen für Sie als Gemeinderat/Gemeinderätin mit einem wöchentlichen Newsletter direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Abonnieren Sie jetzt den
Kommunal-Newsletter.