STUTTGART. 2019 hatten noch 76 Prozent aller größeren Kommunen in Baden-Württemberg einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet, für das vergangene Jahr dürfte dieser Wert auf 13 Prozent schrumpfen. Das ergab die Befragung von Kämmerern und leitenden Mitarbeitern von Finanzverwaltungen in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern im Auftrag der Stuttgarter Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Unternehmensberatung EY. Bundesweit wurden 300 Kommunen in der Studie berücksichtigt.
Bei der Umfrage, die im November vergangenen Jahres durchgeführt wurde, gaben 17 Prozent der kommunalen Haushälter aus dem Südwesten an, dass sie für 2020 ein Haushaltsdefizit erwarten. Ein Jahr zuvor hatten lediglich drei Prozent der Kommunen nicht zumindest einen ausgeglichenen Haushalt erwirtschaftet.
Trotz der Verschlechterung der Finanzsituation geht es baden-württembergischen Städten und Gemeinden im bundesweiten Vergleich noch recht gut. Im Westen Deutschlands erwarten nur noch sieben Prozent der Kommunen einen Haushaltsüberschuss, im Osten sind gar nur noch drei Prozent. In drei Bundesländern - Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen - gab es in der Befragung gar keine Kommunen mehr, die einen Haushaltsüberschuss erwarten. Positiver als in Baden-Württemberg sind dagegen die Erwartungen der Kämmerer in Bayern.
Für das laufende Jahr erwarten 44 Prozent der befragten baden-württembergischen Kämmerer einen Anstieg der Verschuldung in den kommenden drei Jahren. Nur elf Prozent rechnen mit einer Verminderung der Kreditbelastung. Damit sind die Erwartungen im Südwesten zwar besser als im Bundesdurchschnitt aber deutlich schlechter als in bayerischen Kommunen.
Die schwierige Finanzlage in vielen Gemeinden in der Corona-Krise wird sowohl von der Einnahmen- wie der Ausgabenseite verursacht. Bundesweit prognistizieren Kämmerer in diesem Jahr einen Rückgang der Gesamteinnahmen um 1,2 Prozent, für 2020 sogar von 4,3 Prozent. Auf der anderen Seiten stiegen die Gesamtausgaben um 2,1 Prozent (2021) und 0,2 Prozent (2020), so die Prognosen.
Um gegenzusteuern wollen viele Städte und Gemeinden Steuern und Gebühren erhöhen, soweit dies in ihrer Zuständigkeit möglich ist. Deutschlandweit gaben fast zwei Drittel der Befragten an, Steuern und/oder Gebühren anheben zu wollen, während nur 23 Prozent Ausgaben senken wollen, indem sie Leistungen reduzieren. Allerdings war die Neigung dazu, Steuer- und Gebührenzahlern tiefer in die Tasche zu greifen auch schon in den Jahren zuvor ausgeprägt. 2019 war dies in 68 Prozent der Kommunen der Fall, 2016 gar bei 82 Prozent.
Doch auch auf diesem Feld der kommunalen Finanzpolitik gibt es große regionale Unterschiede. Während in Baden-Württemberg nur 53 Prozent der Städte und Gemeinden Steuer und Gebühren anheben wollen, sind es in Sachsen 89 Prozent.
Am häufigsten sind bundesweit Anhebungen der Müllgebühren und der Gebühren für die Straßenreinigung geplant. Diese Maßnahmen wurden von jeweils von einem Drittel der Kommunen genannt. Die Hundesteuer und die Gewerbesteuerhebesätze wollen dagegen nur 11 Prozent erhöhen.
Die Studie gibt es als Download unter
www.ey.com/de_de/news/2021/01/ey-kommunale-steuern-2020
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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