Stuttgart. Bei der Regierungsbefragung an diesem Mittwoch standen die Themen Länderfinanzausgleich und Hochschulpolitik im Vordergrund. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (beide Grüne), stellten sich den Fragen des Landtags. Themen waren zusätzliche Studienplätze und der Länderfinanzausgleich.
Bayerns schwarz-gelbe Regierung hat eine Klage vorm Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich angekündigt. Damit sympathisiert die CDU in Baden-Württemberg und fragte den Ministerpräsidenten, wann sich das Land der Klage anschließen werde. Dass der Finanzausgleich aus dem Ruder gelaufen ist, darüber waren sich die Parteien einig. Ohne die Zahlungen an die Nehmerländer wiese der Landeshaushalt 2012 keine Deckungslücke auf. 2,4 Milliarden Euro zahlt das Land in diesem Jahr ein.
Kretschmann kritisierte den Länderfinanzausgleich, setzt aber weiterhin auf eine Verhandlungslösung, an der Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf Anweisung des Bundesrats derzeit arbeitet. Die Klage Bayerns habe somit auch wahltaktische Gründe, so der Ministerpräsident.
Kretschmann betonte mehrmals, dass er den Dialog sucht, schloss eine Klage gegen das „anreizfeindliche System des Länderfinanzausgleichs“ – wenn sie im Interesse des Landes sei – jedoch nicht aus. Wenn eine Klage Aussicht auf Erfolg hätte, werde Baden-Württemberg wohl selbst aktiv werden oder sich der Klage anschließen. Diese Frage werde schon seit Wochen intern von Fachleuten geprüft. Kretschmann sprach sich für eine Deckelung der Geberbeiträge aus. Insgesamt müsse man die Finanzströme neu ordnen und das System transparenter, fairer und ausgabeorientierter gestalten.
Mit Hinblick auf die südlichen Geberländer Bayern, Hessen und Baden-Württemberg sei ein gemeinsames Vorgehen wichtig. Auch darum müsse sich Baden-Württemberg der Klage anschließen, betonte der CDU-Abgeordnete Klaus Herrmann. Der Verhandlungsweg sei nicht länger erfolgversprechend. Mit dem Rückenwind einer erfolgreichen Klage stärke man die eigene Position.
Ministerpräsident Kretschmann zeigte sich skeptischer. Ob die Klage Erfolg habe, werde sich erst nach Jahren zeigen. Und selbst wenn, werde das Bundesverfassungsgericht lediglich Rahmenbedingungen vorgeben. „Die Gestaltungsaufgabe liegt beim Gesetzgeber. Verhandeln müssen wir sowieso“, sagte Kretschmann. Eine Klage schade dabei der politischen Kultur in Deutschland und werde die Positionen der Länder eher verhärten.
Außerdem betonte er Unterschiede zwischen den beiden südlichen Bundesländern. Die Klage Bayerns liege nicht zwingend im Interesse Baden-Württembergs. Die Landeskommunen befänden sich im Südwesten in einer finanziell deutlich besseren Position. Auch habe man den Länderfinanzausgleich vor Jahren beschlossen – mit Zustimmung Bayerns und bis 2019. Ein Einwirken auf dieses komplexe Vertragswerk sei kompliziert und beinhalte weitere Punkte, wie die Umsatzsteuer und Solidaritätszuschlag.
Im zweiten Teil der Regierungsbefragung diskutierten die Politiker auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Kai Schmidt-Eisenlohr über die demographischen Herausforderungen und dessen Auswirken auf die hiesige Hochschulpolitik. Das Land erwartet auch 2012 mit rund 80 000 Studienanfängern weiter steigende Studentenzahlen.
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer gab an, dass man die Kapazitäten an den Hochschulen noch einmal um 3200 Studienplätze ausgebaut habe. Dass seien jedoch kurzfristige Eingriffe. Ein langfristiges Konzept werde derzeit noch evaluiert und entwickelt. Die „flexible Ausbaureserve“ gelte lediglich für das Wintersemester 2012/2013. Gleichwohl verfüge man mit dem Sonderfonds für besondere Bedarfe an Hochschulen mit einem Volumen von rund 5,3 Millionen Euro über zusätzliche finanzielle Mittel.
Von der steigenden Nachfrage seien besonders die Dualen Hochschulen betroffen. Dort wurden 1400 neue Plätze geschaffen. Doch der Bedarf an Infrastruktur, was Gebäude und Personal betrifft, sei insbesondere an den Dualen Hochschule Stuttgart und der in Mannheim besonders hoch. Das Wissenschaftsministerium stünde in Verhandlungen mit dem Finanzministerium. Bauer lud die Parteien im Landtag zur Zusammenarbeit ein.
Konkrete Auswirkungen auf den kommenden Haushalt könne man noch nicht nennen. Die Konsolidierung des Haushalts und die Qualität des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg stünden im Vordergrund. Jeder Jugendliche der einen Ausbildungsvertrag hat, soll weiterhin fest mit einem Platz an einer Hochschule rechnen können.
Die Diskussion kreiste ebenfalls um die steigenden Studentenzahlen bei Masterstudiengängen. Das sei eine bundesweite Herausforderung, bei der Baden-Württemberg jedoch sehr gut aufgestellt sei, wie Bauer versicherte. Mit 14 000 Masterplätzen seien die Kapazitäten in Baden-Württemberg jedoch fast ausgeschöpft. Bis 2016 fehlten nach bisherigen Szenarien jedoch bereits 6000 bis 7000 Plätze. Man arbeite derzeit an Lösungen. „Überlastungen sind erkennbar aber wir werden die Zeit nutzen“, sagte Bauer. Im Herbst werde man ein Rahmenkonzept vorliegen haben, an dem sich die weiteren Pläne orientierten. Bauer pochte jedoch auf weitere finanzielle Hilfen des Bundes. Die Mittel für den Hochschulpakt 2020 gelte es aufzustocken, würden diese doch bereits 2014 ausgeschöpft sein, wie Bauer konstatierte.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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