CDU greift Amtschef wegen Kritik an Stuttgart 21 an

06.11.2013 
Redaktion
 

Foto: Landtagspressestelle

Stuttgart. Die CDU-Fraktion im Landtag hat den Amtschef des Verkehrsministeriums, Hartmut Bäumer, wegen dessen kritischer Äußerungen zum Bahnprojekt Stuttgart 21 scharf kritisiert. In dem Ministerium werde weiter gegen das Projekt gearbeitet, sagte Nicole Razavi (CDU) am Mittwoch in der von ihrer Fraktion beantragten Aktuellen Debatte "Fortführung und Förderung des Bahnprojekts Stuttgart - Ulm".

Wenn Bäumer, der sich am 16. September in Stuttgart negativ über das Milliarden-Vorhaben und den Stuttgarter Flughafen geäussert hatte, behaupte, für die Bahn rechne sich das Projekt nicht, dann sei dies ein «Rückfall in die Steinzeit», sagte Razavi.  Die Behauptungen des Amtschefs seien falsch. «Dumm» sei seine Feststellung, Stuttgart 21 schlage für das Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg lediglich mit 500 Millionen Euro zu Buche. Razavi sieht in solchen Aussagen, die nach CDU-Informationen zu einem „ordentlichen Krach im Kabinett“ geführt haben, einen «groben Verstoß» gegen die Projektförderungspflicht des Landes. Zudem sei die Anbindung der Bahnstrecke an den Flughafen eine EU-Vorgabe. Die CDU-Verkehrsexpertin kritisierte auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wegen seiner Abwesenheit; Hermann war dienstlich zur Verkehrsminister-Konferenz in Suhl unterwegs.

Splett: Landesregierung strebt keine Kombilösung an

Verkehrs-Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) verwahrte sich gegen die Kritik. Der Minister kämpfe in Suhl für die "Schienen in Baden-Württemberg" und mehr Mittel für den dringend notwendigen Schienenausbau im Südwesten. Dabei gehe es um Optionen für die Zukunft. Sie unterstrich erneut, dass sich das Land nicht an den Mehrkosten von Stuttgart 21, die um zwei Milliarden Euro auf 6,5 Milliarden Euro beziffert wurden, beteiligen wird. Die Landesregierung strebe auch keine Kombilösung an und entferne sich nicht von der Projektförderungspflicht. „Wir führen keine Ausstiegsdebatte“, deshalb sei die heutige Initative der CDU „wenig aktuell“, konstatierte Splett. Auch die Kritik an einer schlechten Kooperation des Landes mit der Bahn geht für Splett ins Leere: "Die Bahn bestätigt unseren Behörden eine zügige und gründliche Begleitung des Projekts." Zu den Aussagen ihres Amtschefs erklärte die Staatssekretärin, auch dieser dürfe eine "private Meinung" haben.

Differenzierter sah Claus Schmiedel die Aussagen des Amtschefs. Er erwarte von einem leitenden Beamten Zurückhaltung, vor allem, wenn wie bei Stuttgart 21 „die Lage klar ist“.  Die Regierung stehe zum Projekt, deshalb sollten keine „schrägen Debatten“ geführt werden. Nach Ansicht des SPD-Fraktionschefs werde „nicht jeder ein Freund von Stuttgart 21 sein“. Deshalb fordere er Gelassenheit und nach vorne gerichtete Diskussionen. Zudem forderte Schmiedel die Stadt Stuttgart auf, die Diskussionen um die städtebauliche Entwicklung der durch die Verlegung in die Tiefe frei werdenden Flächen zu beginnen. Er sprach den Potsdamer Platz in Berlin als Beispiel für ein gelungenes Projekt an. In Stuttgart habe er jedoch den Eindruck „still ruht der See“. Die Verwendung des 100 Hektar großen innerstädtischen Geländes müsse jedoch unter Einbeziehung der Bürgerschaft endlich diskutiert werden. Das Rathaus solle endlich die Debatte starten, forderte Schmiedel.

Schwarz: Im Land gibt es "hohen Nachholbedarf" bei den Bahnstrecken

Für Andreas Schwarz (Grüne) war die Debatte „nicht notwendig“, denn für den Landtag gebe es nichts Neues bei Stuttgart 21. Der Ball liege eindeutig bei der Deutschen Bahn und beim Bund als Träger. „Sie müssen zeigen, dass sie das Projekt im Zeit- und Kostenrahmen realisieren können“, konstatierte er. Die Kritik an Verkehrsminister Hermann wies er entschieden zurück. Seine Abwesenheit sei bei der Aufstellung der Tagesordnung bekannt gewesen. Und es gebe kein einziges Indiz dafür, dass vom Ministerium etwas verschleppt worden wäre. Auch Razavi und die CDU seien dem „großen politischen Irrtum“ aufgesessen, dass nach früheren Bahnangaben Stuttgart 21 bloß 4,5 Milliarden Euro koste. Schwarz bekräftigte, dass das Land seinen zugesagten Anteil von 930 Millionen Euro beitrage. Gleichzeitig forderte der Grüne die Deutsche Bahn auf, für mehr Pünktlichkeit der Züge zu sorgen. Außerdem bestehe in Baden-Württemberg ein „hoher Nachholbedarf“ bei den Bahnstrecken.

Jochen Haußmann (FDP) erinnerte an die Aussage des Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir im Bundestagswahlkampf, wonach bei Stuttgart 21 das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Deshalb seien nach wie vor Zweifel angebracht, ob das Land seiner Projektförderungspflicht nachkomme. Absurd fand auch der Liberale die Aussagen des Amtschefs Bäumer, wonach der Landesflughafen ein kleiner regionaler Flughafen sei. Stuttgart sei der sechstgrößte deutsche Flughafen, konterte Haußmann und prophezeite, dass das Land mit der Anbindung der Bahnstrecke Stuttgart – Ulm an den Flughafen „eine neue Verkehrs-Drehachse am Flughafen“ bekomme.    


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