Landes-FDP kürt Rülke zum Spitzenkandidaten

13.06.2015 
Redaktion
 
Foto:dpa

Balingen. Mit Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke ziehen die Südwest-Liberalen in den Landtagswahlkampf 2016. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion wurde am Samstag auf dem Parteitag der Landes-FDP in Balingen in einer öffentlichen Abstimmung bei nur zwei Enthaltungen zum offiziellen liberalen Spitzenkandidaten für die Wahl im März kommenden Jahres  gekürt. Er hatte keinen Gegenkandidaten. Am Vorabend war bereits Landeschef Michael Theurer  im Amt bestätigt worden.

Rülke griff in seiner anhaltend gefeierten Rede vor den Delegierten die grün-rote Landesregierung scharf an, warnte aber zugleich vor Hochmut nach den zurückliegenden Wahlerfolgen für die FDP bei den Wahlen in Hamburg und Bremen. „Wir sollten uns unserer Sache nicht zu sicher sein“, sagt Rülke. Die FDP hatte bei der Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg, das sie als „Stammland der Liberalen“ sehen, ebenfalls mit Spitzendkandidat Rülke mit 5,3 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis im Land erzielt.

Der 53-jährige Fraktionschef machte klar, wo er die Schwerpunkte im Wahlkampf setzen will. Die Landesregierung, speziell die Grünen, kritisiere er vor allem für ihre Bildungs-, Wirtschafts-, Verkehrs und Energiepolitik. Aber auch zur CDU grenzte sich Rülke ab: Die von schwarz-rot im Bund geplante Erbschaftssteuer gehe zu Lasten des Mittelstandes.  Rülke rief zu einer Abwahl von grün-rot im Land auf. Ein Erfolg bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg werde den Liberalen zudem auch Rückenwind für den Wiedereinzug in den Bundestag 2017 geben.

Theurer setzt auf Modernisierung und Reform der Partei

Am Vorabend hatte der und Europaabgeordnete Michael Theurer die Delegierten zum Auftakt des Parteitags ebenfalls auf die Landtagswahl eingeschworen und zugleich Reform und Modernisierungsprozess der Partei  in den Vordergrund gestellt. Theurer war anschließend bei lediglich drei Nein-Stimmen mit 95,5 Prozent der Stimmen als Landesvorsitzender bestätigt worden.

Die alte FDP ist fast verschwunden – zumindest auf den Plakaten und aus den Reden. Auf dem Landesparteitag der Liberalen in Balingen schaffte es Theurer,  das  Kürzel „FDP“  praktisch nicht mehr zu verwenden – was früher FDP war, sind heute konsequent „Freie Demokraten“.  Überhaupt stellte Theurer den Reform- und Modernisierungsprozess heraus, dem sich die Partei auf Bundes- aber vor allem auch auf Landesebene seit der verlorenen Bundestagswahl unterzogen habe.

Dass die Liberalen in „ihrem Stammland“ Baden-Württemberg bei den Kommunalwahlen 2014 wieder den Stand von 2004 erreicht hätten, wertete Theurer als ersten Erfolg dieses Prozesses. „ Wir haben uns selbst behauptet  und  können stolz darauf sein“, sagte er und sprach davon, dass die Partei in einen faszinierenden Modernisierungsprozess eingestiegen sei. „Externe Moderation im Landesvorstand , das war für manchen Neuland“, räumte Theurer ein. Dadurch seien etliche Projekte angestoßen worden, im Präsidium der Landespartei habe man zudem zu Teamgeist und Kampfkraft gefunden. „Die FDP entwickelt sich im Land zur Mitglieder- und Mitmachpartei“, so Theurer zu den neuen parteiinternen Instrumenten. Auch inhaltlich habe sich viel getan: „Mir war wichtig, dass die Liberalen in Programmarbeit und Kommunikation mit einem breiteren Themenhorizont wahrgenommen werden“, sagte Theurer. „Wir wollen in Balingen die Grundlage legen für die Wiederauferstehung der Partei im Land und 2017 im Bund.“

Recht auf Internet in die Verfassung

Der Landesvorsitzende unternahm anschließend eine Tour d’Horizon durch das liberale Wahlprogramm, das von Generalsekretärin Judith Skudelny eingebracht und an beiden Tagen ausführlich diskutiert wurde. „Blaues Wachstum“ – die Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie , Datensicherheit und informationelle Selbstbestimmung, Abschaffung des EEG, eine europäische Energiepolitik, die Verbesserung der inneren Sicherheit durch Schaffung zusätzlicher 1000 Stellen bei der Polizei, und vor allem den Ausbau der Breitbandversorgung sind Schwerpunkte dabei.

„ HighSpeed-Internet wird zu der entscheidenden Zukunftsfrage – die Versorgung mit Breitband-Internet ist für den Ländlichen Raum noch wichtiger als der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“, so Theurer. Der Wahlprogramms-Punkt, das Recht auf  Zugang zum Internet als Staatsziel in die Verfassung zu schreiben, geht mit auf Theurers Initiative zurück. „Ich wünsche mir dafür fraktionsübergreifende Unterstützung“, sagte er.

Für den Landtagswahlkampf positionierte sich Theurer gegen den Anspruch der Grünen, sich als wirtschaftsfreundliche Partei zu positionieren. „Das ist mehr Etikett als Inhalt“, sagte er.  „Gerade die Grünen sind gegen alles, was moderne Technik ausmacht. Ministerpräsident Kretschmann und die Grünen  führen sich auf, als marschierten sie an der Spitze des Fortschritts – sind aber in Wirklichkeit wirtschaftspolitische Gartenzwerge“, so Theuer. In Sachen „Ehe für alle“ und Adoptionsrecht grenzte Theurer die FDP klar von der CDU ab. „Wir stehen zur vollen Gleichstellung und zum Adoptionsrecht und kämpfen dafür, dass vielfältige Lebensentwürfe möglich sind.“

Theurer sprach der Partei abschließen Mut zu – mit dem Motto „Mut schafft Chancen“ in Anlehnung ans das neue Motto der Bundes-FDP „German Mut“ wollen die Südwest-Liberalen die Richtung vorgeben. „Wir wollen mit diesem Parteitag die Zukunft gewinnen und die Grundlage dafür legen,  um auch im Bund 2017 wieder dabei zu sein“, so Theurer. 

Liberale Spitzenmannschaft komplett

Neben dem Landesvorsitzenden Michael Theurer (95,5 Prozent) wurde am Freitag  beim FDP-Parteitag in Balingen auch der restliche Landesvorstand neu gewählt. Als Stellvertreter wurden Rülke (92,2 Prozent) und Pascal Kober (89,5 Prozent) konkurrenzlos  im Amt bestätigt. Um die dritte Stellvertreter-Position gab es eine Kampfkandidatur zwischen der früheren  Generalsekretärin der Südwest-FDP, Gabriele Heise,  und Parteivize Hosam el Miniawy, der erneut als Stellvertreter kandidierte und viel Beifall für eine leidenschaftliche Bewerbungsrede erhielt. Gegen die einzig kandidierende Frau auf einen Stellvertreter-Posten unterlag er jedoch: Heise lag am Ende mit 52,7 Prozent um 30 Stimmen vor el Miniawy (44,6 Prozent). Im Amt bestätigt wurden auch Generalsekretärin Judith Skudelny und Schatzmeister Michael Link, der mit 98 Prozent Zustimmung das beste Ergebnis erzielte. 

Parteitag in der „digitalen Todeszone“

Das liberale Landtagswahlprogramm fordert, das Recht auf Internet in die Verfassung zu schreiben.  Für diese Forderung gab es kein besseres Argument als den Parteitag in der Stadthalle Balingen, der in dieser Hinsicht einen Komplettausfall darstellte.  Als „digitale Todeszone“ bezeichnete Michael Conz, der stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende von Stuttgart, den Tagungsort : „Kein Telefon, kein W-Lan, kein Empfang, kein Internet – hier funktioniert gar nichts“, sagte er in einem Redebeitrag vor den Delegierten und gab seiner Hoffnung Ausdruck, die geplante Erhöhung des Mitgliedsbeitrags möge künftig Veranstaltungsorte mit moderner Kommunikationstechnik ermöglichen. „Ich hoffe, dass wir künftig nicht mehr sparen müssen und sich künftig der Landesvorstand auch wieder Hallen leisten kann, in denen man kommunizieren kann“, sagte Conz.

 

 

 

 


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