Einig im Ziel, Kinderarbeit zu verhindern - nicht im Urteil über den Regierungsentwurf

24.05.2012 
Redaktion
 
Änderung des Bestattungsgesetzes

Stuttgart. Manfred Lucha (Grüne) schlug den Bogen von den sogenannten Schwabenkindern, die als Armutskinder aus dem Alpenraum bis in die 1950er-Jahre Kinderarbeit zu verrichten hatten zur Kinderarbeit der Gegenwart - und einem Gesetzentwurf der beiden Regierungsfraktionen zur Änderung des Bestattungsgesetzes. Diesem zufolge soll es Kommunen erlaubt werden, in Friedhofsordnungen und Polizeiverordnungen festzulegen, „dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit …“ hergestellt sind. Derzeit stammten nach Schätzungen zwischen 30 und 60 Prozent der Grabsteine und-fassungen auf Friedhöfen aus in Indien – und damit, so Lucha,   aus Steinbrüchen, in denen Kinderarbeit gang und gäbe sei.

42 Kommunen hätten sich bisher bereits selbst verpflichtet, keine Produkte aus Kinderarbeit auf ihren Friedhöfen zuzulassen. Mit dem Gesetz wolle man allen Kommunen des Landes eine „verfassungsrechtliche und gerichtssichere Ermächtigungsgrundlage“ für entsprechendes Handeln bieten. Der vorliegende Entwurf sei mit allen zuständigen Ressorts abgestimmt.

Rainer Hinderer (SPD) sprach von einer „überfälligen Änderung“ und beklagte, dass trotz großer Gemeinsamkeit im Landtag nicht  schon in der vergangenen Legislaturperiode ein entsprechendes Gesetz zustande kam. „Jeder Grabstein, der auf einem Friedhof steht und von Kinderhänden geschlagen wurde, ist ein Grabstein zu viel“.  Er erhoffe sich von den Kollegen anderer Fraktionen „ein einvernehmliches Zeichen“, damit die Kommunen ermuntert werden, die Möglichkeiten des neuen Gesetzes auch zu nutzen: „Niemand wird gezwungen, eine Änderung vorzunehmen.“

Sprecher der Oppositionsfraktionen betonten ihr grundsätzliches Einverständnis in der Sache, mahnten aber noch Änderungen Verbesserungen des vorliegenden Gesetzesentwurfs in der Ausschussarbeit an.

Werner Raab (CDU) wies darauf hin, die ursprüngliche Initiative zu dem jetzigen Gesetzesvorhaben gegen Kinderarbeit sei von dem Kollegen Lasotta (CDU) ausgegangen. Auch habe bereits 2010 ein Passus in die Verwaltungsvorschriften des Landes Eingang gefunden, dass - was die öffentliche Beschaffung betreffe -  Produkte aus Kinderarbeit unzulässig seien. Er bezweifle aber nach wie vor, ob der vorliegenden Entwurf der grünroten Koalition dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Handwerker gerecht werden.  Daher regte Raab an, im weiteren Beratungsverfahren dem Sozialministerium zwar die Federführung zu lassen, aber auch die Wirtschafts- und Justizministerium zu beteiligen. Bei entsprechender Nachbesserung könne er aber „die Zustimmung unserer Fraktion in Aussicht stellen.“ Im Übrigen habe seine Fraktion einen Antrag zum Fairtrade eingebracht, der weit über das Problem der Grabsteine- und fassungen hinausgehe.

Jochen Haußmann (FDP) äußerte „erhebliche rechtliche Bedenken“  und bemängelte „handwerkliche Fehler“ im Gesetzentwurf. So sei der Passus „nachweislich aus fairem Handel“ problematisch. Fairer Handel sei kein juristischer terminus technicus und werde lediglich im Zusammenhang mit Produkten aus der dritten Welt verwendet, nicht aber für Produkte aus Deutschland und anderen europäischen Ländern. Hierzulande gebe es auch kein entsprechendes Zertifizierungsverfahren. Da stelle sich die Frage: „Was macht ein Steinmetz, der hier produziert?“ Außerdem forderte er, dass durch das neue Gesetz keine zusätzliche Bürokratie aufgebaut werde.

Abschließend betonte Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), wie  wichtig das Gesetz im Kampf „gegen ausbeuterische Kinderarbeit“ sei – auch deshalb, weil es den Kommunen „die notwendige Rechtssicherheit gibt“. An die Oppositionsfraktionen gewandt äußerte sie die Hoffnung, dass diese  „nach der Beratung im Sozialausschuss dem Gesetzentwurf werden zustimmen können.“


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