Karlsruhe. Ein, zwei zaghafte Buhrufer gab es am Samstag beim 63. Landesparteitag der CDU in Karslruhe unter den 350 Delegierten gab es, als Thoma Strobl zu seiner verhaltenen Abrechnung mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und seinem unmittelbaren Vorgänger als Parteichef, Stefan Mappus, ansetzte. Am Ende aber, nachdem Strobl deutliche Worte der Kritik und einige der Selbstkritik gefunden, stand lang anhaltender Beifall.
«Wir sollten nicht der Versuchung erliegen, zu verteidigen, was nach jetzigem Kenntnisstand nicht zu verteidigen ist», begann Strobl seine Ausführungen über Mappus. Die Vorwürfe wögen einfach zu schwer. Strobl kritisierte, dass Mappus beim EnBW-Deal seinem Berater und Freund, dem Investmentbanker Dirk Notheis, quasi die Kontrolle überlassen habe. Und das, obwohl doch stets „das Primat der Politik gelten“ müsse. Der brisante E-Mail-Verkehr zwischen Mappus und Notheis mache ihn „fassungslos“.
Die Ausschaltung des Landtags war ein Verstoß gegen die Verfassung und der Kaufpreis sei unzureichend geprüft worden, es war übereilt, hatten die Prüfer geurteilt.
Überdies stehe jetzt noch, so Strobl weiter, "der ungeheuerliche Vorwurf“ im Raum, Mappus habe wissentlich einen überhöhten Kaufpreis akzeptiert. Allerdings warnte Strobl auch, „wir sollten Stefan Mappus nicht vorverurteilen". Er glaube, "irgendwann einmal wird Stefan Mappus zu einer selbstkritischen Beurteilung seines Handelns kommen“. Aber das sei nicht entscheidend. "Auch wir müssen Fehler eingestehen." Die Partei sei Mappus allzu lange und unkritisch gefolgt - auch er als damaliger Generalsekretär. Doch nun um gehe es darum, die "Zerstörung" der baden-württembergischen CDU zu verhindern. Grüne und SPD wollten diese in Mithaftung nehmen - nicht mit ihm: "Wir werden nicht zulassen, dass unsere Partei kaputtgemacht wird."
Strobl appellierte an die Delegierten, die Oppositionsrolle anzunehmen und Grün-Rot vor sich herzutreiben: „Die CDU muss sich nicht neu erfinden“, die Partei sei zumal inhaltlich gut aufgestellt: "Wir brauchen unser Licht nicht unter den Scheffel stellen, nur damit die trüben Funzeln von Grünen und SPD heller leuchten." Dann geißelte er, dass die Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bis 2019 neue Schulden in Milliardenhöhe aufnehmen und nicht gegen den Länderfinanzausgleich klagen will. Grün-Rot lege künftige Generationen in Ketten.
Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Peter Hauk, arbeitet sich zu Beginn an Stefan Mappus ab. Er unterscheidet verschiedene Aspekte des für fatalen und verfassungswidrigen EnbW-Aktienkaufs vom Dezember 2010, kurz vor der Landtagswahl; Resultat, Verfahren und Kaufpreis. Das Hauptresultat begrüßt Hauk uneingeschränkt: „Wir sind froh, dass die EnBW wieder in baden-württembergischen Händen ist“. Auch sieht er „keinen Grund, am Kaufpreis zu zweifeln“; alle Analysten hätten einen Preis zwischen 38 und 42 Euro pro Aktie genannt. Mappus hatte für 40 Euro je Aktie alle Anteile erworben, die der französische Energieversorger Electricite de France, damals an der EnBW hielt.
Und was das Verfahren betrifft: auch renommierte Rechtsanwälte und auch Verfassungsrechlter hätten das Verfahren vor zwei Jahren als rechtmäßig und verfassungsgemäß eingeschätzt. Somit gab es laut Hauk „zu diesem Zeitpunkt keinen Anlass zu zweifeln.“ Und auch heute könne man immer noch sagen: Es ist gut, dass es zusätzlich zum politischen noch operatives Element der Steuerung der Energiewende gibt“. Es habe in der CDU allen vergangenen Landesregierungen gegenüber ein Grundvertrauen gegeben; dieses Grundvertrauen wurde noch nie enttäuscht. Entsprechend hätten Partei und Fraktion dieses auch Stefan Mappus als Ministerpräsidenten entgegengebracht. Was das damalige Vorgehen, das Verfahren des EnBW-Aktienerwerbs anbelange habe sich inzwischen allerdings erwiesen, dass dieses nicht dem „Politik – und Demokratieverständnis der CDU entsprochen habe: „Insofern wurde unser Grundvertrauen ein Stück weit enttäuscht.“ Dennoch wolle er nicht sagen, „ dass wir zu vertrauensselig gewesen sind“ .
Selbstverständlich gelte die juristische Unschuldsvermutung für den damaligen Finanzminister Stächele, den Staatsminister Rau und auch Mappus“. Freilich sei das damalige Vorgehen "ein grob fahrlässiger Fehler und auch ein Rechtsfehler“ gewesen. Einzig mit dem Instrument des Untersuchungsausschusses lasse sich freilich der Sachverhalt rund um den Ankauf der EnBW-Anteille wirklich aufklären; und da setze sich die CDU für eine „wirklich schonungslose und restlose Aufarbeitung des Vorgangs ein“.
Eine gewisse, freilich bloß indirekte Verteidigung erfährt Mappus lediglich durch Volker Kauder. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im BundestagKauder, ein Freund von Mappus ´ Familie und Wegbereiter für dessen Aufstieg zum Ministerpräsidenten, weist darauf hin, die baden-württembergische CDU habe immerhin 39 Prozent geholt, im März vor einem Jahr - und die Landtagswahl ja gar nicht verloren. Eine „Koalition der Verlierer“ habe damals zusammengefunden, die zu kritisieren er den Rest seiner Rede verwendet. Ohne Mappus überhaupt zu erwähnen, sagt Kauder immerhin: „Wo Fehler gemacht worden sind, müssen sie offen angesprochen werden.“
In der Aussprache meldeten sich bloß wenige Delegierte zu Wort. Bereits der dritte von ihnen fordert, keine weiteren Redner mehr zuzulassen, sondern die Aussprache zu beenden. Kontrovers diskutiert wird später doch noch – da geht es dann aber um den Antrag eines Kreisverbands, eine Frauenquote für politische Ämter und Mandate ausdrücklich abzulehnen.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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