Stuttgart. Die grün-rote Landesregierung will den Ländlichen Raum stärken. Das Entwicklungsprogram Ländlicher Raum (ELR) werde als zentrales Förderinstrument weitergeführt und zielgenauer auf Gemeinwohlinteressen ausgerichtet, sagte Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) auf eine Große Anfrage der FDP-Landtagsfraktion.
Mit einem Modellprogramm sollen unter Beteiligung der Bürgerschaft in ausgewählten ländlichen Orten beispielhafte Projekte entwickelt werden, die die Ortskerne beleben, ein attraktives Wohn- und Arbeitsumfeld mit Freiräumen schaffen und die örtliche Baukultur erhalten. "Wir werden die Stärke des Ländlichen Raums in Baden-Württemberg halten", kündigte Bonde an. Dazu gehört auch die Forcierung des erfolgreichen Tourismus im Südwesten, der auch die notwendige Infrastruktur sichern hilft. Die Anfrage der Liberalen diente der Erhebung von Trends, wie sich der demografische Wandel gerade im Ländlichen Raum auswirkt.
Die Notwendigkeit für die Anfrage ergibt sich nach Ansicht von Friedrich Bullinger (FDP) aus der Landflucht der Bevölkerung in die Städte und damit der Umkehr früherer Lebensgewohnheiten. "Trotz der Urbanisierung wollen wir keine Verhältnisse wie im Erzgebirge, Hunsrück, Sauerland oder im Elsass, wo nur noch alte Menschen auf dem Land wohnen", betonte Bullinger. Zwar könne kein anderes Bundesland solch gute ländliche Strukturen vorweisen wie Baden-Württemberg; aber die Überalterung der Gesellschaft im Ländlichen Raum schreite unvermindert fort. Um dem entgegen zu wirken, seien Mobilität, Kultur- und Freizeitangebote, Bildungsstätten, Infrastruktur, Arbeitsplätze und familienfreundliche Angebote notwendig.
Laut Auskunft des Ministers leben 34 Prozent der Baden-Württemberger im Ländlichen Raum, der 70 Prozent der Fläche des Landes ausmacht. Die Wirtschaftskraft dort beträgt stolze 30 Prozent. Deshalb seien die ansässigen Unternehmen schneller aus der Krise gekommen. Bonde forderte erneut eine verlässliche finanzielle Grundlage für den Ländlichen Raum und forderte die Bundesregierung auf, bei der Aufstellung des EU-Haushalts im November für weitere Strukturmittel der EU zu kämpfen.
Für Elke Brunnemer (CDU) ist klar, dass sich der Lebensalltag im Ländlichen Raum aufgrund der Demoskopie verändern wird. Und zwar regional unterschiedlich. Deshalb will Brunnemer auch nicht vom "Ländlichen Raum" sprechen, sondern von den "Ländlichen Räumen". "Es gibt Regionen, die hervorragend dastellen, und Regionen, die durch den Wegzug ausbluten", konstatierte sie. Von der Landesregierung forderte die CDU-Abgeordnete eine "Demografie-Strategie" für den Südwesten. Wo sich Menschen wohlfühlen, würden sie sich nicht abwenden.
Auch Bernd Muschel (Grüne) wies auf "wunderbar starke und vernetzte Regionen" hin. Aus seiner Sicht kommt dem Ländlichen Raum eine immer größere Bedeutung zu, denn "nur dort kann die Energiewende stattfinden". Windkraft, Biomasse, Wasserkraft seien in Städten nicht machbar. Er gab zu, dass die Regierung die Standortfaktoren angehen muss, damit Menschen wieder aufs Land ziehen und dort arbeiten wollen. "Gerade die Frauen müssen wir halten", sagte Muschel und nannte Bildung, Schulen und Arbeitsplätze als Magneten. Für den Grünen ist aber auch klar, dass Grün-Rot nicht mit der Gießkanne übers Land gehen kann: "Das werden wir uns nicht mehr leisten können."
In der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie im Breitbandausbau sieht Ernst Kopp (SPD) wichtige Punkte zur Stärkung des Ländlichen Raums. "Die Datenautobahn bringt Arbeitsplätze", ist er überzeugt. Gerade für den auf dem Land häufig anzutreffenden Mittelstand sei diese existenziell. Es gelte auch, interessante Arbeitsplätze anzubieten, denn "Fachkräftemangel ist ein Wachstumshemmnis".
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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