STUTTGART. Als zweites Bundesland nach Nordrhein-Westfalen hat Baden-Württemberg ein Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Wie wichtig der grün-roten Landesregierung dieses im Koalitionsvertrag aufgeführte Vorhaben ist, machte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Landtag deutlich: In Vertretung des erkrankten Umweltministers Franz Untersteller (Grüne) brachte der Regierungschef selbst den Gesetzentwurf in erster Lesung in den Landtag ein.
Das Gesetz sieht vor, bis zum Jahr 2020 die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen im Land - bezogen auf das Vergleichsjahr 1990 - um mindestens 25 Prozent, bis 2050 um 90 Prozent zu verringern. Die Regierung will der öffentlichen Hand zudem mit dem Gesetz eine Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz zuweisen und dem Klimaschutz bei Planungen und Bauvorhaben Augenhöhe mit anderen Fachbereichen wie dem Natur- oder Artenschutz verschaffen.
Wesentliches Mittel zur Erreichung der Klimaschutzziele ist ein im Gesetz vorgeschriebenes integriertes, fortlaufendes Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK), das derzeit erarbeitet wird. Das IEKK wird zudem von einem Bürgerbeteiligungsprozess (BEKO) begleitet, bei dem Bürger Klimaschutzvorschläge einbringen konnten.
Kretschmann nannte den schonenden Umgang mit der Umwelt eine Verpflichtung, die durch die Landesverfassung vorgegeben sei, aber auch eine moralische Verpflichtung. Als starker Wirtschaftsstandort solle Baden-Württemberg auch in Sachen Klimaschutz vorangehen - „und zwar nicht obwohl, sondern weil wir ein Hochtechnologieland sind“, so Kretschmann. Der Regierungschef nannte die Ziele im Klimaschutzgesetz ambitioniert, aber erreichbar. „Wir machen ernst mit dem Klimaschutz, wir machen keine Symbolpolitik“, sagte Kretschmann. Er verwies zudem darauf, dass, wer das Klimaschutzgesetz in Baden-Württemberg kritisiere, auch die Bundesregierung kritisiere, die die gleichen Ziele verfolge.
Für die SPD forderte der Abgeordnete Gernot Gruber, den Klimaschutz ganz oben auf die politische Tagesordnung zu setzen. „Das Thema sollte uns alle beschäftigen und nicht ideologisch belastet diskutiert werden“, sagte Gruber in Richtung der Oppositionsbänke.
CDU und FDP dagegen signalisierten, dass sie dem Gesetz nicht zustimmen würden. „Where ist the beef?“ fragte der CDU-Abgeordnete Ulrich Lusche auf Englisch. Er verwies auf den fehlenden Handlungsspielraum der Landesregierung in Sachen Klimaschutz. „Wesentliche Teile des Klimaschutzes werden auf Bundes- oder EU-Ebene geregelt. Machen wir hier nicht nur Symbolpolitik?“ fragte Lusche. Aber wenn schon gesetzgeberisches Neuland betreten werden, müsse der Landtag sträker eingebunden werden. Lusche kündigte an, dem zuständigen Ausschuss vorzuschlagen, eine Anhörung zu Gesetz und IEKK zu veranstalten.
Der FDP-Abgeordnete Andreas Glück nannte das Gesetz „nur auf den ersten Blick ein Symbolgesetz, einen zahnlosen Tiger“. Die FDP-Fraktion werde nicht zustimmen, da die Ausgestaltung des IEKK noch gar nicht feststelle. „Das erinnert an Hänsel und Gretel, die von der Hexe gelockt werden, und wenn sie erst mal im Häuschen sind, werden die Folterinstrumente ausgepackt“, sagte Glück. Und an Ministerpräsident Kretschmann: „Wenn Sie Klimaschutz ernst meinen, hätten Sie der Steuerabschreibung für energetische Gebäudesanierung zustimmen müssen. Mit der Zustimmung hätten Sie für den Klimaschutz mehr erreicht als mit diesem Gesetz.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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