Stuttgart. Die Landtagsabgeordneten debattierten an diesem Mittwoch auf Antrag der FDP-Fraktion über die geplante Lehrerstellenstreichung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte vergangene Woche angekündigt, 11 600 Lehrerstellen bis 2020 zu streichen. Damit reagierte er auf einen Appell des Rechnungshofs.
Der FDP-Abgeordnete Timm Kern warf der Landesregierung in Sachen Lehrerstellen eine „bildungspolitische Geisterfahrt“ vor. Enttäuscht war er darüber, dass der Ministerpräsident bei „diesem wichtigen Thema nicht anwesend war. Vor noch zwei Monaten habe die Landesregierung in der Debatte um den Unterrichtsausfall damit geprahlt, dass sie die 711 Lehrerstellen, die von CDU und FDP gesperrt worden seien, freigegeben haben. Nun würden 11 600 Stellen gestrichen.
Auch die Qualitätsoffensive Bildung werde nicht fortgeführt. Die Unterrichts- und Personalausstattung der Gemeinschaftsschulen gehe zu Lasten aller anderen Schulen, kritisierte Kern. Laut Kern sollen bis 2014 1650 Lehrerstellen an die Gemeinschaftsschule „umgeschichtet werden“. „Die Regierung schustert einseitig der Gemeinschaftsschule zu“.
Auch die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz hätte sich gerne direkt an den Ministerpräsidenten gewendet. Denn sie habe so langsam das Gefühl, dass „Politik im Rechnungshof gemacht“ wird. Sie verstehe nicht, wie Politik aufgrund eines Rechnungshofberichts, so schnell in Frage gestellt werden kann. Von Grün-Rot sei ein Bildungsaufbruch versprochen worden. Kurtz sprach jedoch an diesem Mittwoch von „Bildungsabruch“. Der Abgeordneten ist nicht klar, wie die Regierung auf die 11 600 Lehrerstellen kommt, die abgeschafft werden müssen. „Sie werfen mit Zahlen um sich, die kein Mensch versteht“, sagte sie.
Edith Sitzmann (Grüne) wollte zunächst wieder Ordnung schaffen, denn ihre Vorredner hätten „einiges durcheinander gebracht“. Die Zahlen kämen aus der mittelfristigen Finanzplanung, darin seien von 2014 bis 2018 eben 8055 Stellen als „wegfallend“ markiert. Bereits CDU und FDP hätten angekündigt Stellen zu streichen, haben es aber, laut Sitzmann, „nie gemacht“.
Die Zahl der Schüler sei seit 2003 um rund 125 000 zurückgegangen. Die Zahl der Lehrerstellen sei dagegen um rund 8000 angewachsen. Das was dazwischen ist, sei die demografische Rendite. Die Qualitätsoffensive Bildung sei von der Vorgängerregierung lediglich bis 2012 finanziert. „Und nicht weiter“, so Sitzmann. „Es gibt kein Konzept, keine Planung, wie das weiter finanziert werden soll.“ Diese Probleme habe Schwarz-Gelb der jetzigen Regierung hinterlassen.
Man sei auf einem guten Weg zu mehr Gerechtigkeit im Bildungssystem. Zudem sei das Schüler-Lehrer-Verhältnis besser als je zuvor. Mit 14,2 Schülern pro Lehrer. Auch wenn bis 2020 die 11 600 Stellen abgebaut werden, werde sich dieses Verhältnis „weiter verbessern“. Zumal in diesem Jahr nochmals 3000 Lehrerstellen hinzukommen.
Auch Claus Schmiedel (SPD) gab der Vorgängerregierung die Schuld: „Die Finanzlüge der Vorgängerregierung ist offenbar geworden im Kassensturz“, sagte er. Sowohl die Bildungsoffensive, als auch die pädagogischen Assistenten seien nicht finanziert. Schwarz-Gelb habe es „versaubeutelt“.
Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) sagte, dass das Land für Personal 15,2 Milliarden Euro ausgebe. Acht Milliarden entfielen auf den Bildungshaushalt. Damit sei klar, dass auch dieser Bereich sich Gedanken über Sparmöglichkeiten machen müsse. Das werde man „verantwortungsvoll“ tun. Das wichtigste ist für die Ministerin, die Unterrichtsversorgung aufrecht zu erhalten. Auf den Vorwurf, die Gemeinschaftsschule sei „ihr Lieblingskind“, sagte sie: „Ich trage die Verantwortung für alle Schulen.“
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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