Karlsruhe. Die CDU hat sich nach einer emotionalen Debatte für ein generelles Verbot der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik ausgesprochen. Die Entscheidung gegen das Gentechnik-Verfahren zur Untersuchung von Embryos fiel auf dem Bundesparteitag in Karlsruhe allerdings mit denkbar knapper Mehrheit: Von 799 Delegierten stimmten am Dienstag 408 für das Verbot. 391 Delegierte sprachen sich dafür aus, die PID in engen Grenzen zuzulassen.
Einen Antrag für ein PID-Verbot hatte die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner zusammen mit 29 anderen Delegierten eingebracht. PID sei eine "genetische Selektionsmethode", die die Menschenwürde und das Recht auf Leben verletze, hieß es. Der Antrag fordert die Mitglieder des Bundestages auf, zügig ein Verbot der PID herbeizuführen.
Zur Zukunft der PID muss ein Gesetz beschlossen werden, das letzte Wort hat also der Bundestag. Mit einer Entscheidung ist frühestens Anfang nächsten Jahres zu rechnen. Die Unions-Fraktion hat bereits beschlossen, ihren Abgeordneten keinen Fraktionszwang aufzuerlegen und sie frei nach Gewissen entscheiden zu lassen.
Zu den Verfechtern eines Verbots gehörten auf dem Parteitag unter anderem Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sowie CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Für eine Zulassung der PID in engen Grenzen appellierte eine Gruppe von Delegierten, die unter anderen von Familienministerin Kristina Schröder angeführt wurde und auch von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen unterstützt wurde.
Die CDU wollte das Thema ursprünglich bereits am Montagabend diskutieren, entschloss sich nach einem Machtwort von Merkel aber dazu, die Debatte auf den Dienstag zu verlegen, um mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Die Diskussion dauerte mehr als drei Stunden. Ein Geschäftsordnungsantrag, die Rednerliste vorzeitig zu schließen, wurde nach Intervention von Unions-Fraktionschef Volker Kauder von der Mehrheit der Delegierten abgelehnt.
Gut 30 Redner führten in teils sehr persönlichen, aber stets sachlichen Beiträgen zahlreiche Argumente pro und contra PID ins Feld. So forderte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Günter Krings ein Verbot. Auch das Leben aus der Petrischale sei menschliches Leben, sagte der CDU-Politiker. Der Embryo genieße im Labor aber keinen natürlichen Schutz, deshalb müsse der gesetzliche Schutz verstärkt werden. Kauder warnte: "Wir machen eine Tür auf und wissen nicht, was nach der Tür kommt."
Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, erinnerte daran, dass ein Verbot der PID bereits im Grundsatzprogramm der CDU verankert sei. Er sei ein grundsätzlicher Gegner von Abtreibung, sagte der CDU-Abgeordnete. Und nur weil diesbezüglich die Gesetzgebung "inkonsequent" sei, bedeute dies nicht, dass man an anderer Stelle einen weiteren Fehler begehen und die PID zulassen dürfe.
Demgegenüber erklärte die CDU-Abgeordnete Katharina Reiche, es gebe "kein Recht auf ein gesundes Kind, aber es gibt den verständlichen Wunsch danach". Reiche wies darauf hin, dass Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche möglich seien. "Für mich ist PID ein Weg, ja zum Leben zu sagen."
Ministerin Schröder sagte, die PID sei "das kleinere Übel, als wenn man eine Abtreibung vornimmt". Es gehe hier um Paare, "die sich wirklich sehnsüchtig ein Kind wünschen" und denen dieser "existenzielle Wunsch" nicht versagt werden dürfe.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen erklärte, die PID könne auch das Ja zu einem Kind stärken. Deshalb sei sie für eine Zulassung in engen Grenzen. Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach von "einer Debatte, die an die Seele der Partei rührt" und appellierte, nicht auf dem Parteitag zu entscheiden, sondern sich mehr Zeit zu nehmen.
Der frühere CDU-Generalsekretär Peter Hintze, der einen Initiativantrag pro PID eingebracht hatte, nannte die gentechnische Untersuchung eine "medizinische Hilfe für Eltern" und eine "menschenfreundliche Alternative" zur Pränataldiagnostik. Es sei ein "Gebot der humanitären Vernunft", die PID in Fällen schwerer erblicher Vorbelastung in den vom Bundesgerichtshof gezogenen Grenzen zu erlauben.
Zur Abstimmung standen den Delegierten drei Varianten. Variante eins sah weiteren Beratungsbedarf und damit praktisch eine Vertagung des Themas vor. Diese wurde zuerst abgelehnt. Variante zwei forderte ein Verbot der PID. Variante drei deren Zulassung in engen Grenzen für Paare mit genetischer Vorbelastung.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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