Koalition legt Streit um Gleichstellungsgesetz bei

23.07.2014 
Redaktion
 
Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: Fraktion Grüne

Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: Fraktion Grüne

Stuttgart. Der Streit in der Regierungskoalition um das Landesgesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen ist beigelegt. „Es ging um keine Machtkämpfe, sondern um anders eingefärbte Sichtweisen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er hatte Anfang Juli einen Anhörungsentwurf von Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) kurzerhand von der Agenda des Kabinetts genommen. Laut der von den Ministern nun gebilligten Neufassung sollen die 44 Stadt- und Landkreise Behindertenbeauftragte einstellen. Sie haben die Wahl, das auf ehren- oder hauptamtlicher Basis zu machen und erhalten dafür unterschiedlich hohe Zuschüsse.

Hinter den Kulissen hatte es dem Vernehmen nach aber noch am Montag mächtig geknirscht: Nachdem das Staatsministerium den Kompromissvorschlag Altpeters zunächst gebilligt hatte, lehnte es kurz darauf die geplante höhere Förderung für Hauptamtliche ab. Das Sozialministerium erteilte dem wiederum eine Absage und drohte damit, den Entwurf nicht mehr vor der Sommerpause ins Kabinett einzubringen. Schließlich blieb es bei dem Kompromiss, bei dem Altpeter auf verbindliche hauptamtliche Behindertenbeauftragte verzichten musste. Dies kritisierten Behindertenvertreter.

Auch die Ministerin versuchte abzuwiegeln: Es habe unterschiedliche Auffassungen gegeben, aber keinen Machtkampf. Für hauptamtliche Beauftragte bei den Stadt- und Landkreisen setzt das Gesetz lediglich Anreize. So liegt der Zuschuss des Landes für Hauptamtliche bei 6000 Euro, für Ehrenamtliche nur bei 3000 Euro monatlich. Insgesamt sind 2,8 Millionen Euro Förderung pro Jahr eingeplant.

Mannheim und Reutlingen mit hauptamtlichen Behindertenbeauftragten

Hauptamtliche Behindertenbeauftragte gibt es derzeit nur im Landkreis Reutlingen und in Mannheim. Die Hauptamtlichkeit liegt der Ministerin am Herzen, weil die Teilhabe behinderter Menschen in allen Bereichen zunehme und zunehmen müsse. „Das Ehrenamt darf man nicht überfordern“, sagte die Altpeter, die sich langfristig in jedem der 44 Stadt- und Landkreise einen hauptamtlichen Beauftragten wünscht.

Kretschmann hatte als „leidenschaftlicher Anhänger des Subsidiaritätsprinzips“, nach dem staatliche Aufgaben möglichst von der untersten politischen Ebene wahrgenommen werden, gegen die Ursprungsversion Bedenken angemeldet. Der Passus im Gesetzentwurf, die 1100 Gemeinden im Südwesten sollten Behindertenbeauftragte einstellen, war ihm ein zu starker Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.

Gemeinden sollen Behindertenbeauftragte bestellen

Da „sollen“ verwaltungsjuristisch wie „müssen“ zu verstehen ist, hätten die Kommunen überdies möglicherweise das Land in die Finanzverantwortung für die Beauftragten nehmen können. Altpeter sah nach Absprache mit den Kommunalverbänden dieses Risiko nicht. Jetzt reduziert die Koalition ihr Anliegen auf den Wunsch, dass Gemeinden Behindertenbeauftragte bestellen.

Weiterer Schwerpunkt des neuen Gesetzes ist ein neuer 25-köpfiger Landesbehindertenbeirat, der zu mehr als die Hälfte mit Behinderten und deren Vertretern besetzt ist. Die Landesregierung ernennt im Benehmen mit diesem Gremium einen Landesbehindertenbeauftragten, dessen Befugnisse erstmals gesetzlich geregelt werden.
Überdies ermöglicht ein erweitertes Klagerecht auch Klagen, wenn die Barrierefreiheit bei öffentlichen Bauvorhaben, im Personenverkehr oder bei Gestaltung medialer Angebote nicht gewährleistet ist.


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