"Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit"

01.12.2011 
Redaktion
 
Interview: Ausbildung
Foto: Archiv

Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD). Foto: Archiv

Stuttgart. Um die Reform und die Akademisierung der Pflegeausbildung im Land soll wird am achten Dezember 2011 im Landtag von Baden-Württemberg debattiert. Basis ist ein Antrag der Fraktion der Grünen (Drucksache 15/531). Im Interview spricht Katrin Altpeter (SPD), Sozialministerin von Baden-Württemberg, darüber, wie sich die Pflegeausbildung und Pflegeversicherung weiterentwickeln sollten. Unten folgt der zweite Teil des Interviews, den ersten Teil lesen Sie in der Druckausgabe des Staatsanzeigers vom 2. Dezember 2011.

Staatsanzeiger: Nicht wenige pflegende Angehörige fühlen sich alleingelassen. Nicht zuletzt hat sie mitunter ihre Entscheidung, Angehörige zuhause zu pflegen, an oder gar unter die Armutsgrenze geführt. Trägt das aktuelle Gesetz zur Familienpflegezeit dazu bei, dass diese finanziell und psychisch mehr entlastet werden?

Katrin Altpeter: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Familienpflegezeit, also zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, erfüllt meine Erwartungen an eine echte Entlastung pflegender Angehöriger in keiner Weise, weder finanziell noch im Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Warum?

Es gibt nämlich keinen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit, das soll vielmehr vom Willen des Arbeitgebers abhängen. Außerdem geht der Entwurf viel zu wenig auf die unterschiedlichen Situationen von Pflege- und Sorgearbeit leistenden Angehörigen ein und verliert damit die Lebenswirklichkeit vieler Betroffener aus dem Auge.

Was ist das Problem?

Das Problem ist, dass das, was die Bundesregierung da plant, gerade für Beschäftigte mit niedrigem Einkommen – vor allem für Frauen, die überproportional im Niedriglohnbereich beschäftigt sind – völlig unzureichend ist.

Würde es helfen, weitere Pflegestützpunkte einzurichten?

Pflegestützpunkte geben Rat- und Hilfesuchenden die Unterstützung, die sie oder ihr soziales Umfeld benötigen. Beispielsweise geben die Mitarbeiter in den Pflegestützpunkten Auskunft, welche Leistungen Pflegebedürftige von der Pflegeversicherung erhalten können. Sie helfen bei der Antragstellung. Sie geben Tipps, wie der pflegende Angehörige in der konkreten Pflegesituation entlastet werden kann. Ich setze mich für den Ausbau der Pflegestützpunkte ein.

Warum gibt es dann noch nicht mehr davon?

Die Einrichtung der Pflegestützpunkte liegt in der Verantwortung der Pflege- und Krankenkassen und der Kommunalen Landesverbände. Da noch keine Erfahrungswerte mit den neu eingerichteten Pflegestützpunkten vorliegen, ist vereinbart, den Abschluss der zweijährigen wissenschaftlichen Evaluation – bis Ende 2012 – abzuwarten. Somit entsteht eine neutrale Grundlage, auf der dann entschieden wird.

Jeder spricht von Pflegenetzwerken. Doch noch stehen diese in einigen Kommunen am Anfang. Muss an der Zusammenarbeit von Unternehmen, Familien und Pflegeeinrichtung des Wohlfahrtsverbandes muss noch gearbeitet werden – zumal der Part der Unternehmen nun nach dem Familienpflegegesetz „freiwillig“ ist?

Wir brauchen in der Tat eine weitergehende Vernetzung der Angebote und der Akteure. Zum einen müssen die Angebote an Unterstützung und der Pflege gut koordiniert und vernetzt werden. Zum andern sind aber auch Bündnisse zur verbesserten Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, wie sie in verschiedenen Regionen des Landes auf den Weg gebracht worden sind, sehr wichtig. Dort tun sich Betriebe, Industrie- und Handelskammern und Landkreise zusammen, tauschen in Informationsveranstaltungen Erfahrungen aus und regen auch Lösungen zur verbesserten Vereinbarkeit von Pflege und Beruf an.


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