Stickelberger: „Für den Bürger wird sich bei der Grundbuchreform nicht so viel ändern“

12.01.2012 
Redaktion
 
Interview
Justizminister Rainer Stickelberger. Foto: Archiv

Justizminister Rainer Stickelberger. Foto: Archiv

Stuttgart. Mit der Notariatsreform einher geht auch die Grundbuchreform. Auch diese soll bis zum Jahr 2018 umgesetzt sein. Logistisch ist das nicht einfach, wie Justizminister Rainer Stickelberg (SPD) im zweiten Teil des Interviews erläutert. Den ersten Teil lesen Sie am Freitag, 13. Januar, in der Printausgabe des Staatsanzeigers.

Staatsanzeiger: Mit der Notariatsreform einher geht auch noch die Grundbuchreform. 662 Grundbuchämter sollen auf 13 Standorte im Land konzentriert werden. Wie wird sich das auswirken?

Rainer Stickelberger: Das wird sich so auswirken, dass wir diese grundbuchführenden Amtsgerichte übers Land verteilt haben. Die Eingliederung der bisherigen Grundbuchämter wird nach und nach erfolgen, im Frühjahr ist als erstes Emmendingen dran. Die Grundakten und auch die Grundbücher aus Papier werden künftig in Kornwestheim zentral gelagert.

Wie erfolgt die Einsicht in die Grundbuchakten?

Zunächst muss man wissen, dass im Zuge der Reform alle Grundbücher digitalisiert werden. In den Grundbüchern sind die Rechte an einem Grundstück eingetragen, zum Beispiel das Eigentum oder eine Hypothek. Die Einsicht in die elektronischen Grundbücher erfolgt über Einsichtsstellen bei den Kommunen und bei den grundbuchführenden Amtsgerichten. Neben den Grundbüchern werden Grundakten geführt. Darin werden die Urkunden gesammelt, auf deren Grundlage eine Eintragung ins Grundbuch erfolgt ist - zum Beispiel ein Kaufvertrag. Auch die Grundakten werden wir künftig elektronisch führen, allerdings nur die neu hinzukommenden Aktenteile. Die Einsicht in die papiernen Grundakten kann man beim Grundbuchzentralarchiv in Kornwestheim oder beim zuständigen grundbuchführenden Amtsgericht beantragen. Sobald ein gewisser Bestand elektronischer Grundakten aufgebaut ist, werden wir ein Abrufverfahren einrichten. Für die elektronisch erfassten Grundbücher gibt es ein solches System bereits. Damit kann zum Beispiel ein Notar jederzeit abfragen, welche Belastungen auf einem bestimmten Grundstück sind und so weiter.

Was wird sich für den Bürger ändern?

Für den Bürger wird sich ändern, dass er zur Einsichtsstelle geht statt im badischen Teil aufs Bürgermeisteramt und im württembergischen Landesteil zum Notar. Dort ruft er dann die Informationen, die er aus dem Grundbuch braucht, digital ab. Bei jeder kommunalen Einsichtsstelle wird ein Ratschreiber als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Und wenn er die Grundakten einsehen will, kann er die bei den grundbuchführenden Amtsgerichten oder beim Grundbuchzentralarchiv einsehen. Für den Bürger wird sich in der alltäglichen Abwicklung also nicht so viel ändern. Und für diejenigen, die professionell damit zu tun haben, wird es eher eine Erleichterung. Das ist ähnlich wie beim Handelsregister. Es gibt ja nur noch vier handelsregisterführende Gerichte in Baden-Württemberg, bei denen Registerinhalte digital eingesehen werden können. Das hat sich eingespielt und funktioniert wunderbar.

Wo werden diese Einsichtstellen sein?

Es wird überall dezentrale Einsichtsstellen geben. Das werden die Kommunen anbieten. Sie haben ja noch Mitarbeiter der Grundbuchämter, die dann beispielsweise die Serviceabfrage mit betreuen können.

Aber die Kommune muss keine eigene Stelle für die Grundbucheinsicht haben?

Nein. Aber ich bin mir sicher, dass viele Kommunen das machen werden. Schon im eigenen Interesse - für ihre Bürger. Und wenn nicht, dann liefern das die grundbuchführenden Amtsgerichte oder das Grundbuchzentralarchiv.

Nun werden die Grundbuchämter sukzessive bis 2018 umgestellt. Nach welchen Kriterien erfolgt die Eingliederung?

Wir müssen zum Beispiel darauf achten, dass wir rechtzeitig Personal in den neuen Grundbuchämtern haben. Ein Aspekt ist auch, dass wir die Kapazitäten haben, die vielen Akten im Grundbuchzentralarchiv einzulagern. Zudem gibt es noch viele Grundbücher, die die Kommunen nicht digitalisiert haben. Das müssen wir nun nachholen. Schließlich haben sich die Kommunen mit ihren Wünschen an uns gewandt: Es gibt Kommunen, in denen der Ratsschreiber beispielsweise 2014 in Pension geht. Da achten wir selbstverständlich darauf, dass man die Eingliederung relativ früh macht, damit solche Kommunen nicht noch für vier Jahre einen Nachfolger einstellen müssen. Den würden sie nicht so schnell finden, denn er hätte dort ja keine Perspektive mehr. Dann haben wir aber auch Fälle, in denen der Ratsschreiber erst 2017 in Pension geht. Der Mann oder die Frau  führt seit 30 Jahren Grundbücher, ihn oder sie kann man nicht einfach aufs Bauamt versetzen oder in die Kämmerei. In solchen Fällen bemühen wir uns, die Eingliederung erst 2017 zu machen. Da gibt es einen Eingliederungsplan. „“„„. Das war nicht immer ganz leicht, weil das ein unheimlicher logistischer Aufwand ist. Zumal die Digitalisierung bei den Kommunen noch nicht einmal zu 50 Prozent erreicht ist. Digitalisierung, Umstrukturierung, Transport der Akten: Das ist für 662 Grundbuchämter ein Riesenkraftakt.


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