DHBW-Präsident: Wir brauchen klare politische Signale

13.01.2012 
Redaktion
 
Interview
Fotos: DHBW, Juri Junkov

Stuttgart. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) verzeichnete im Wintersemester so viele Studienanfänger wie nie zuvor. Das bringt große Herausforderungen mit sich. Reinhold Geilsdörfer, Präsident der DHBW, spricht mit Staatsanzeiger.de über den Erfolg der Hochschule, daraus resultierende personelle und räumliche Engpässe und über die DHBW als Marke.

Staatsanzeiger.de: Herr Geilsdörfer, im März sind Sie ein Jahr Präsident der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Was ziehen Sie für eine Bilanz?

Reinhold Geilsdörfer: Es war ein hochinteressantes dreiviertel Jahr. Das starke Wachstum, das wir derzeit haben, ist hochmotivierend. Wir haben eine gigantische Nachfrage, sowohl von Seiten der Wirtschaft als auch von Seiten der jungen Leute. Das bringt viele neue Herausforderungen mit sich, die wir gerne annehmen und für die sich Lösungswege aufzeigen. Wir werden unsere Studienprogramme weiter am Bedarf der Wirtschaft orientieren. Im Oktober haben wir berufsbegleitende Master eingeführt; diese Angebote werden wir in den nächsten Jahren deutlich ausbauen.

Die große Nachfrage führt dazu, dass man mehr Raum benötigt. In Stuttgart sucht man schon seit Langem einen Standort, der die derzeit 20 Teilstandorte an einem Ort vereint…

Da ist ziemlich Bewegung reingekommen. Es gab einen plausiblen Standort, über den man diskutiert hat. Dieser wäre aber nur für 3000 Studenten geeignet gewesen und hätte die Teilung der DHBW Stuttgart festgeschrieben. Wir führen derzeit intensive Gespräche mit dem Land und der Stadt. Gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium und der Stadt Stuttgart favorisieren wir einen neuen Standort, an dem man auf längere Sicht die DHBW Stuttgart komplett unterbringen kann. Ein möglicher Standort befindet sich in Stuttgart Nord, an den Wagenhallen. Das wäre ein toller Standort für uns. Auch der Neckarpark in Bad Cannstatt ist im Gespräch.

Bis wann rechnen Sie mit einem Neubau in Stuttgart?

Wir rechnen in diesem Jahr mit einer Entscheidung. Das muss auch sein.  Aber bis ein solches Bauvorhaben anläuft und realisiert wird, dauert es sicher drei bis vier Jahre.

Also kein Neubau für die DHBW Stuttgart bis zum Jubiläumsjahr 2014?

Nein, das glaube ich nicht, ein Baubeginn sollte aber realisierbar sein.

Und um den Neubau in Mosbach machen Sie sich keine Sorgen?

Wir gehen davon aus, dass er kommt. Die Mittel für den Neubau sind im Haushalt 2012 eingebracht. Die Vorarbeiten sind gelaufen, die Planungen abgeschlossen, und es sind bereits Abbrucharbeiten durchgeführt worden. Damit ist schon viel Geld in das Projekt geflossen, man kann da nicht mehr zurück. In einer ländlichen Region wie Mosbach würde es dazu führen, dass wir viele Studienbewerber abweisen müssten. Derzeit gibt es auf politischer Ebene noch einige Fragen, die man aber sicher lösen wird. Mannheim ist der dritte Standort, der große Probleme hat. Auch hier werden mögliche neue Standorte diskutiert. Auch eine Erweiterung am bestehenden Standort wird in Erwägung gezogen.

Müssen Sie in diesem oder kommendem Jahr Studierende abweisen?

Wir brauchen im ersten Quartal 2012 klare politische Signale. Wenn wir die nicht bekommen, werden wir in diesem Jahr in großem Umfang abweisen müssen. Dabei ist festzuhalten, dass die großen Unternehmen ihre Plätze für 2012 bereits alle besetzt haben. Zulassungen sind ausgesprochen, rechtliche Verpflichtungen eingegangen. Das kann nicht rückgängig gemacht werden. Von Mai bis Juli kommen erfahrungsgemäß nochmals viele Studierende von den kleinen und mittelständischen Unternehmen. Und die wären dann von den Absagen betroffen. Das wäre fatal, denn genau die Mittelständler haben ja Probleme, Nachwuchskräfte zu bekommen. Wir haben das ausreichend kommuniziert, allen Verantwortlichen gegenüber. Ich gehe davon aus, dass wir die notwendigen Signale bekommen. Im Moment fahren wir mit Volldampf weiter und gehen optimistisch davon aus, dass es eine Lösung geben wird.

Sie haben es sich zu Beginn ihrer Amtszeit zum Ziel gesetzt, stärker für die DHBW als Marke zu werben. Was hat sich da bisher getan?

Da haben wir sehr viel getan. Aber man merkt, dass die Bildung einer neuen Marke wie der DHBW Zeit braucht. Wenn ich in bestimmten Bereichen von der DHBW spreche, ist es oft noch so, dass mein Gegenüber nichts mit dem Begriff anfangen kann. Jeder kennt aber die frühere Berufsakademie. Bis sich diese Marke „Duale Hochschule Baden-Württemberg“ durchgesetzt hat, wird es sicher noch etwas Zeit brauchen. Das merke ich auch bei unseren Mitarbeitern. Die Bezeichnung BA ist einfach noch  in den Köpfen. Wir haben aber auch im Präsidium viel getan. Prof. Dr. Bärbel Renner, die bei uns nebenamtliches Vorstandsmitglied ist, verantwortet nun zentral das Hochschulmarketing. Wir intensivieren unsere Aktivitäten nach außen, aber ebenso nach innen. Denn es ist ganz entscheidend, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Marke auch leben. Dazu planen wir gerade eine Veranstaltungsreihe an allen Standorten der DHBW.

Und ist diese Marke auch auf andere Bundesländer übertragbar?

In Sachsen und Thüringen gibt es Berufsakademien. In Berlin wurden die Berufsakademien vor Jahren in die Fachhochschulen integriert. Duale Hochschulen gibt es momentan auf staatlicher Basis in Bayern und in Rheinland-Pfalz. Dort handelt es sich aber um quasi-virtuelle Organisationen, dass heißt es gibt zentrale Stellen, die die Fachhochschulen motivieren sollen, solche Studiengänge anzubieten. Aber nur wenige machen das. Die meisten Anbieter dualer Studiengänge befinden sich in privater Hand. Doch selbst Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan hat kürzlich empfohlen, dass man duale Hochschulen bundesweit einführen soll. Ich denke, das wird nicht aufzuhalten sein. Es ist einfach ein Modell der Zukunft. Auch Universitäten beschäftigen sich mit dieser Thematik. Aktuell haben wir in Deutschland 60.000 dual Studierende, allein die Hälfte davon an der DHBW.


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